Burgen

Die Burgen

Beeindruckende Befestigungsanlagen des Mittelalters prägen noch heute vielerorts das Landschaftsbild und sind Zeugnisse einer bewegten Vergangenheit. Die mittelalterliche Burg ist meist Wohn- und Wehrgebäude in einem. Die ersten Burgen entstanden wahrscheinlich im 9. Jahrhundert in Nordwest-Frankreich zum Schutz vor Aufständischen und vor Übergriffen der Wikinger. Sie ersetzten kleinere Bollwerke aus Holz. Anfangs bestand die Mehrzahl der Burgen aus Erdwerk und Holz, ab etwa 1150 wurden dann Steine und später Ziegel bevorzugt, aus denen sich wesentlich dauerhaftere und feuerfestere Anlagen bauen ließen. Als sich mit der Zeit die Kriegführung änderte, entstanden immer widerstandsfähigere Burgen.
Gegen Ende des 15. Jahrhunderts verloren die Burgen u. a. durch den verstärkten Einsatz von Kanonen und höhere Komfortansprüche der Adligen langsam an Bedeutung. Die Wehrfunktion der Burg übernahmen eigens zu diesem Zweck errichtete militärische Festungsanlagen.
Noch heute ragen in ganz Europa Burgen gebieterisch aus der Landschaft empor. Eine Burg muß vor 600 Jahren gewaltig gewirkt haben, als sie neu war. Leuchtende Fahnen flatterten auf den Türmen. Die Sonne glitzerte auf den Waffen der Wachsoldaten.
Eine Burg sollte Eindruck machen. Sie war Festung und Wohnsitz eines mächtigen adligen Kriegsherrn. Im Schutz ihrer Mauern herrschte er über das Land. Er bewohnte sie mit seiner Familie, seinen Soldaten und seinem Gesinde. Sie sollte Schutz vor den Angriffen feindlicher Ritter bieten und mußte längeren Belagerungen standhalten.
Keine Burg gleicht der anderen. Die Baumeister richteten sich nach der Landschaft, nach ihren Geldmitteln und den Gefahren, die es abzuwehren galt.
Heute stehen von einigen dieser eindrucksvollsten Zeugnisse jener Epoche, die man Mittelalter nennt, nur noch die Ruinen. Andere wurden oder werden wieder aufgebaut, und nur wenige sind vollständig erhalten geblieben. Wohin man auch in Europa reist, überall findet man heute noch Burgen. In Großbritannien, Frankreich, Spanien und den deutschsprachigen Ländern gibt es besonders viele. Allein in der Bundesrepublik Deutschland wird die Zahl der Burgen und Schlösser mit etwa 18.000 angegeben. Vielerorts findet sich das Wort "Burg" auch im Stadtnamen wieder.
Von der mittelalterlichen Burg zu sprechen, ist im Grunde unmöglich. Dazu liegt ein zu großer Zeitraum zwischen dem Beginn dieser Epoche nach dem Untergang des Römischen Reiches (etwa um das Jahr 400) und ihrem Ende (um 1500), welches die Zeit der Renaissance einleitet. Auch hat sich in jedem Land ein eigener Baustil entwickelt.
Natürlich konnte sich ein Kaiser, ein König oder ein Fürst eine andere Burg bauen lassen als ein kleiner Landadeliger, der nur ein wenige Hektar großes Stück Land besaß. Außerdem spielte auch die Lage der Burg eine Rolle bei der Gestaltung, ob sie hoch am Berg errichtet werden sollte (wie die Burgen am Rhein), am Meer (wie Caernarvon in Wales), am Ufer eines Flusses (wie die Marienburg im heutigen Polen) oder in einer Ebene (wie Salses in Südwestfrankreich).
Schließlich hatte auch das Klima einen Einfluß. Eine Burg in einer gemäßigten Zone, noch dazu in einer waldreichen Gegend (z.B. Coucy in Frankreich), wird zwangsläufig anders gebaut als eine Wehranlage am Rande einer Steinwüste (etwa die Johanniterburg der Kreuzfahrer, der Krak des Cheraliers in Syrien).
Eines ist jedoch allen Burgen gemeinsam: Ihr trutziger Anblick übt bis auf den heutigen Tag eine ungeheure Faszination auf uns aus - ganz gleich, ob sie noch gut erhalten oder im Laufe von acht oder neun Jahrhunderten erheblich zerstört worden ist.

Geschichte der Burgen

Viele tausend Jahre lang spielten Burgen und Festungen eine wichtige Rolle im Leben der Menschen. Die Burgmauern sollten nicht nur vor einfallenden Feinden Schutz gewähren, sondern als markante und mächtige Punkte in der Landschaft auch Gegner wie Verbündete beeindrucken. Innerhalb der Mauern konnten die Menschen ein geschütztes Leben führen. Könige hielten darin Hof, während Feinde versuchten, die Burgen im Kampf einzunehmen.
Schon immer bauten die Menschen ihre Häuser dort, wo sie sich vor wilden Tieren und vor Feinden sicher fühlen konnten, wie etwa auf dem Gipfel eines Berges. Oft umgaben sie ihre Häuser mit Zäunen aus Ästen oder dornigem Gebüsch. Vor ungefähr 10.000 Jahren wurden die ersten Städte innerhalb von Stadtmauern errichtet. Viele von ihnen waren durch Landwirtschaft, Handwerk oder Handel zu großem Reichtum gekommen und wurden deshalb zur Zielscheibe des nachbarlichen Neids.
Die Herrscher wollten allerdings nicht nur ihre Städte, sondern ebenso sich selbst schützen. Deshalb ließen sie sich Paläste erbauen, in denen sie vor einbrechenden Feinden oder gar vor ihren eigenen rebellierenden Untertanen sicher waren. Der befestigte Palast eines Regenten, auch Zitadelle genannt, beherrschte bald viele Städte.
In Europa und im größten Teil Asiens entwickelten sich die befestigten Häuser der Könige zu Burgen. Dort lebten die Herrscher mit ihren Familien und ihrer Gefolgschaft, und von dort aus regierten sie auch das Land. Festungen dagegen beherbergten normalerweise nur Soldaten, Regierungsbeamte und Vorräte. Sie schützten Grenzen, Häfen, Flußübergänge und andere strategisch wichtige Punkte.
Ein sehr früher Vorläufer der Burg ist bereits der festungsartige Palast von Mykene in Griechenland, der Ende des 14. Jahrhunderts v. u. Z. von den Achäern gebaut wurde. Ihn umgibt eine Burgmauer aus riesigen Steinblöcken. Der Haupteingang ist das berühmte Löwentor. Aber auch die Kelten bauten bereits in der Eisenzeit Befestigungsanlagen mit gewaltigen Erdwällen und Gräben, die, wie Mykene, nicht nur Wohnsitz eines Fürsten, sondern eine ganze Stadt waren.
Zu Beginn des Mittelalters gab es in Europa so gut wie keine starke, zentrale Staatsmacht. Die Bevölkerung mußte sich also selbst gegen feindliche Übergriffe (etwa der Wikinger, Araber oder Ungarn) verteidigen und errichtete zum Schutz Wehranlagen aus Stein und Holz. Im 12. und 13. Jahrhundert herrschten einzelne mächtige Feudalherren über riesige Ländereien. Ihre Burgen waren Ausdruck ihrer Macht und dienten der Sicherung und Verteidigung ihrer Grenzen - Gemarkungen genannt - gegen fremde Ansprüche.
Solche Macht- und Grenzstreitigkeiten entstanden zum Beispiel zwischen dem Herzogtum Normandie und dem König von Frankreich, zwischen Wales und England oder zwischen dem christlichen und dem mohammedanischen Spanien. Inzwischen hatte auch der Handel an Bedeutung gewonnen. Die wichtigsten Verkehrswege (dazu gehören die großen Straßen und Wege an Rhein und Donau, an den Meeresküsten und Gebirgen) mußten ausgebaut und gesichert werden. Auch dabei kam den Burgen eine wichtige Rolle zu.
In ihrem Umkreis begannen die Bauern, das Land urbar zu machen. Felder wurden angelegt, Dörfer entstanden. Einige wuchsen zu Städten, deren Namen aufschlußreich sind, z.B. Newcastle in Großbritannien, Cash nuovo in Italien, Neuchatel in der Schweiz, Chateaune oder Castelnau in Frankreich und Neuburg oder Rothenburg in Deutschland.
Ob die Burg auf einem Felsvorsprung oder in ein Ebene errichtet war - sie diente immer in erster Linie der Verteidigung sowie dem Schutz ihrer Bewohner und Bevölkerung in Kriegszeiten. Die ersten Wehranlagen bestanden aus einem einzigen Turm, die Grundmauern waren aus Stein, der obere Teil aus Holz. Zunächst wurde der Turm mit einem Palisadenzaun umgeben, später mit ringförmigen Außenmauer. Im Lauf der Zeit verstärkte man die Ringmauern durch Ecktürme und stattete sie mit hölzernen Wehrgänge Zinnen, Schießscharten und Gußerkern aus.
Zu allen Zeiten haben die Menschen im Krieg in Festungen Schutz gesucht. In Birka in Schweden umgaben die Wikinger ihre Siedlung mit einer Ringmauer, die sie durch Türme verstärkten. Im Innern nutzen sie einen bereits vorhandenen Felsvorsprung und errichten darauf eine Burg.
Nach dem Untergang des Römischen Reiches durch die Einfälle der Barbaren war die Bevölkerung der Städte und Dörfer ohne Schutz. Den neuen Bauherren dien-ten die alten Römerbefestigungen als Vorbild. Thermen, Theater und Triumphbögen wurden erneuert und zu Festungen ausgebaut.
In Frankreich, Italien und im Heiligen Römischen Reich gab es viele mächtige Kirchenfürsten, die auch vor dem Einsatz von Waffen nicht zurückschreckten. An der Mittelmeerküste, wo man Überfälle der Araber befürchtete, sowie in den Pyrenäen wurden viele Kirchen und Klöster durch Wehranlagen befestigt.

Frühmittelalterlichen Motten

Die Vorläufer der Burgen waren die sogenannten Motten mit Außenhof oder Turmhügelburgen. Vermutlich ist ihre Entstehung auf das 9. und 10. Jahrhundert zurückzuführen. Zu dieser Zeit fielen Wikinger und Ungarn in das auseinanderbrechende Reich Karls des Großen im heutigen Frankreich, Deutschland und Norditalien ein. Deshalb begannen die Adligen, zum Schutz vor Angreifern und als Unterkunft für ihre Soldaten, einfache Burgen aus Erdwerk und Holz zu bauen. Die einfachste Form war ein mit Palisaden gesicherter und von einem Graben umgebener Erdwall.
Eine solche frühnormannische Burg bestand aus einem großen Erdhügel, die eigentliche "Motte". Dieser wurde meist künstlich aufgeschüttet, festgestampft und befestigt. Der Erdhügel hatte einen Durchmesser von etwa 30 Metern und war meist 5 bis 15 Meter hoch, mit einer hölzernen Einfriedung auf dem Gipfel. Innerhalb dieser Umzäunung befand sich ein hölzerner Wohn- und Wehrturm. Dieser stand gewöhnlich auch auf Holzpfählen, damit alle Stockwerke die Palisade überragen und den Bogenschützen dienen konnten. Einige Türme boten Wohnraum, andere dienten nur als Wachturm und zur letzten Verteidigung. Die Wohnräume befanden sich in der Vorburg. Der Turm hatte ein Dach aus Holzschindeln.
Am Fuße des Hügels war ein weiterer Bereich, der sogenannte Außenhof, ebenfalls durch einen Palisadenzaun und durch einen 4 Meter breiten und 3 Meter tiefen Burg- oder Wassergraben geschützt, der gewöhnlich von einem Bach gespeist wurde. Dies war ein Wirtschaftshof als Vorburg, in welchem Ställe, Wirtschaftsgebäude, Werkstätten, ein Brunnen und evtl. eine kleine Kapelle standen. Hier waren auch die Gebäude für die schwerbewaffneten Ritter und ihre Pferde. Die Dächer hier waren mit Ried oder Stroh gedeckt. Steine, die mit einem Seil, das über den Giebel läuft, verbunden waren, verhinderten das Fortwehen des Daches.
Von dieser Vorburg aus konnte man nur über eine Zug- oder Fallbrücke in die Hauptburg gelangen. Manchmal gab es auch einen hölzernen Torturm. Schon hier läßt sich die für die abendländischen Burgen typische Zweiteilung in Vor- und Hauptburg erkennen. Vorburg und Turm waren durch einen Gang verbunden, der ebenfalls mit Palisaden geschützt war. Eine lange Holzbrücke auf Stützen führt zum Hügel hinauf, und eine zweite Zugbrücke verbindet sie mit der Spitze des Erdhügels. Manche Befestigungsanlagen besaßen sogar zwei Wehrtürme und zwei Vorhöfe.
Auf einer solchen Motte lebte nun ein Lehnsherr oder ein Ritter mit seiner Familie und seinem Gefolge auf engstem Raum zusammen. Die Motte diente als Fliehburg, in die man sich bei Gefahr zurückzog. Wenn ein Feind sich dem Lehen näherte, flüchteten die Bauern der Umgebung mit ihrem Vieh in die Motte ihres Herren, um Schutz zu suchen. Der Burgherr ließ von diesem Turm aus die umliegenden Ländereien überwachen und schützen.
Nachdem die Normannen im 10. Jahrhundert ihr Herzogtum als Lehen von Frankreich erhalten hatten, begannen sie zunächst mit der Sicherung der Grenzen. Hierzu und während Notzeiten wie den großen Wikingerstürmen schossen die Motten wie Pilze aus dem Boden. Selbst später, als es schon Burgen aus Stein gab, wurden sie errichtet. Hundert Mann benötigen etwa zwanzig Tage für den Bau einer typischen Motte. Die relativ schnell Errichtung war vor allem in Feindesland sehr wichtig.
Die hölzernen Gebäude der frühen Hochmottenburgen mußten unweigerlich verrotten. Außerdem war es sehr einfach, sie in Brand zu stecken oder mit Hilfe von Rammböcken oder anderen Belagerungsgeräten einzunehmen. Im 11. Jahrhundert verstärkte man deshalb viele Motten, indem man die Holzgebäude teilweise durch massiver gebaute Steingebäude ersetzte.
Die neuen Burgen besaßen nun einen viereckigen Steinturm, auch Donjon genannt, und Außenmauern, die von Türmen durchsetzt waren. Diese Palisaden wurden so hoch wie möglich gebaut, um zu verhindern, daß Angreifer mit Leitern darüber klettern konnten. Die Verteidiger konnten ihre Pfeile zwischen den Zinnen hindurchschießen und sich dann zum erneuten Auflegen dahinter verschanzen. Zur zusätzlichen Verteidigung wurden an Stelle der unteren Fensteröffnungen nur Schlitze gelassen, so daß die Feinde nicht hineinklettern, die Bogenschützen aber herausschießen konnten.
Die Donjons aus Stein hatten im unteren Teil bis zu vier Meter dicke Mauern. Um Angriffe im Eingangsbereich zu erschweren, baute man die Tür des Turms häufig an das Ende eines Treppenaufgangs. Einige der älteren, künstlichen Motten-Hügel konnten das enorme Gewicht des Steinturms nicht tragen und dieser bekamen Risse, die ausgebessert werden mußten. Manchmal brachen sie auch einfach zusammen. Bei manchen Motten ersetzt man die Holzeinfriedungen später durch Steinmauern.
Diese Entwicklung zur Burg aus Stein ging, durch den Einfluß der morgenländischen Festungen verursacht, bis in das 11. und 12. Jahrhundert, in welchem man die Befestigungsanlagen nur noch aus Stein errichtete. Ab diesem Zeitpunkt spricht man nicht mehr von Motten.

Normannische Burgen

Im Jahre 1066 überquerte das Heer des Herzogs Wilhelm der Eroberer von der Normandie den Kanal und eroberte England. Es marschierte quer über das Land und errichtete in dem neuen Königreich des "Eroberers" zahlreiche Motten, aber auch viele Festungen und Burgen aus Stein.
Ab dem 12 Jahrhundert setzten sich steinerne Türme durch, die den Kern der Burganlage bildeten. Dieser innere Turm, die dem Burgherrn und dessen Haushalt als Wohnstätte dienten, wird Bergfried (engl.: Keep, franz.: Donjon) genannt und war für die Burgbewohner außerdem ein Zufluchtsort. Im Erdgeschoß des Bergfrieds lagerten gewöhnlich Vorräte. Der erste Stock war Garnisonssitz. Darüber lagen Speise- und Schlafräume. Ganz oben wohnten der Burgherr und seine Familie.
Bergfriede hatten gewöhnlich enorm starke Wände. Am Fundament waren sie manchmal bis zu vier Meter dick. Der Turm hatte meist eine Höhe von über zwanzig Metern. Der Eingang befand sich im ersten Stock und war oft durch ei-nen Vorbau geschützt. Im Keller war ein Brunnen für die Wasserversorgung im Belagerungsfall.
Die normannische Burg war eine private Festung, nicht etwa ein Zufluchtsort für jedermann wie die alten befestigten Städte oder Bergfestungen. Sie gehörte ei-nem Edelmann oder Baron, der auch den Turm bewohnte. Er regierte von seiner Burg aus sein Land im Namen des Königs und führte Krieg gegen seine Feinde. Im Innern der Burg hielt man reiche Gefangene so lange fest, bis Lösegeld für sie bezahlt wurde; viele starben jedoch in der Gefangenschaft.
Ein normannischer Baron besaß viel Macht, er lebte jedoch wenig luxuriös. Es gab wenig Möbel, oft nur einen Tisch, manchmal einen Stuhl mit hoher Rückenlehne für den Herrn, alle anderen mußten auf Holzbänken sitzen. Der große hölzerne Tisch des Barons war das wertvollste Möbelstück. Die anderen Tische wurden zusammengeklappt, wenn man sie nicht mehr brauchte.
An den Wänden hingen Teppiche zur Verzierung, aber auch, um die Zugluft abzuhalten. Der Rauch des offenen Feuers stieg durch ein Loch im Dach ins Freie. Nachts schlief man auf dem mit Binsen bestreuten Boden - nur der Baron und seine Frau zogen sich in ihr kleines Privatquartier zurück. Im Winter war es kalt und zugig in der Burg. Die Fenster hatten nur hölzerne Fensterläden, da Glas sehr teuer war.
Die Burgen des Abendlandes waren im Gegensatz zu den Festungen und Garnisonen des Morgenlandes hauptsächlich Wohngebäude, keine Kasernen von Soldaten. Doch war es nicht so, daß jeder Ritter auf einer Burg wohnte. Eine Burg zu errichten und zu erhalten kostete viel Geld. Daher besaßen nur der Hochadel und zu Reichtum gekommene Ritter und Ministieriale eine Burg.
Soweit ein Ritter zu Familie und Lehen gekommen war, lebte er in einem leicht befestigten Gebäude, meist in der Nähe eines seiner Dörfer. Das wenige, das es von einem gewöhnlichem Bauernhaus unterschied, war, daß es meist aus Stein gebaut und eventuell leicht befestigt war. Trotzdem hatte es nichts mit einer Burg zu tun. Ritter, die zu keinem eigenen Lehen kamen, blieben meist im Dienst ihres Herren auf dessen Burg, und viele wurden mit Ämtern wie Landvogt, Schatzmeister, Waffenmeister oder Jagdaufseher bekleidet.

Maurische Burgen

Im 8. Jahrhundert eroberten muslimische Araber aus Nordafrika den größten Teil des christlichen Spanien. Die Eroberer wurden Mauren genannt. Sie beeinflußten nicht nur das wissenschaftliche Denken und die Kunst in Spanien, sondern führ-ten auch einen neuen Burgentypus ein: den Alkazar. Nachdem die muslimischen Mauren Spanien eingenommen hatten, blieb nur noch der nördlichste Teil des Landes unter christlicher Herrschaft. In den maurischen Königreichen konnten Christen und Moslems jedoch die meiste Zeit über friedlich miteinander leben. Die Eroberung hatte zur Folge, daß islamische Kunst und Architektur Bestandteil des spanischen Lebens wurde.
Natürlich mußten sich auch die Mauren gegen Überfälle wehren, deshalb bauten sie befestigte Paläste, sogenannte Alkazare. Der Begriff Alkazar kommt aus dem Arabischen und bedeutet "Festung" oder "befestigter Palast". In Spanien gab es viele dieser Burgen. Oft wurden sie auf Hügel gebaut, deren steile Böschungen auf angreifende Soldaten eine sehr abschreckende Wirkung hatten. Manchmal überbauten die Mauren auch alte römische oder westgotische Burgen. Die Stadt Cordoba, besaß zwei Alkazare, einen älteren maurischen und einen neueren, der von einem christlichen König errichtet wurde. Toledo hatte sogar fünf Alkazare.
Die am besten erhaltenen Burgen findet man in der Gegend um Segovia in Kastilien. Der Alkazar von Segovia, einer der schönsten seiner Art, liegt auf einem schmalen Felsplateau hoch über der Stadt und wurde von den christlichen Königen Kastiliens bewohnt, die die Stadt 1079 von den Mauren zurückeroberten. Obwohl er für maurische Herrscher gebaut war, vereinte der Alkazar christliche und maurische Stilrichtungen. In seinem reichverzierten Salon wurden zahlreiche Herrscher und Gelehrte empfangen. Im 13. Jahrhundert förderte König Alfonso X., der auch "der Weise" genannt wurde, die kastilische Sprache, aus der das spätere Spanisch hervorging. Er interessierte sich außerdem sehr für Astronomie und vermutete schon damals, daß die Erde sich um die Sonne drehte - eine Ansicht, die jener der Kirche widersprach. Als der Alkazar 1862 von einem Blitz getroffen wurde, glaubten viele, dies sei ein Zeichen für den Zorn Gottes. Das ausgelöste Feuer zerstörte einen Großteil der Festung. Sie wurde detailgetreu restauriert und erhielt so viel von ihrem früheren Glanz zurück.
Die Alkazare waren wunderschöne Gebäude voller reicher Verzierungen wie z.B. Mosaiken und Wandbemalungen im maurischen Stil. Die europäischen Burgen wurden meist weder innen noch außen geschmückt, aber den Arabern gefielen geometrische Muster aller Art. Innerhalb seiner Palastmauern konnte sich der maurische Herrscher an Springbrunnen, Gärten, kühlen Pavillons und schattigen Spazierwegen erfreuen.
Spanische Burgenbauer verwendeten sowohl Stein als auch Lehmziegel. Richtige Festungen bestanden jedoch meistens aus massivem Gestein. Die mächtige Fes-tung Coca wurde im 15. Jahrhundert für den Erzbischof von Sevilla gebaut. Obwohl sie für einen Christen bestimmt war, wurde die Festung von Spanisch sprechenden Moslems gebaut. Sie galten damals als die besten Architekten und Arbeiter. Die Ziegelmauern und Zinnen sind im arabischen Stil verziert.
Obwohl Coca sehr beeindruckend aussieht, handelt es sich hier eher um einen Palast als um eine richtige Festung. Schwerem Beschuß hätte er wohl nicht lange standgehalten. Trotzdem besitzt Coca einen sehr häßlichen Kerker für Gefangene, eine runde Zelle, die nur über das Dach betreten werden kann und in der jedes Geräusch gruselig nachhallt.
Die Mauren hatten Spanien praktisch ungestört bis ins 11. Jahrhundert regiert. Dann begannen Streitereien zwischen rivalisierenden Königen ihre Herrschaft zu schwächen. Das Land war in viele kleine Königreiche und Stadtstaaten aufgeteilt. Die christlichen Reiche im Norden wurden mächtiger und bekämpften die Mauren. So gewannen sie unter der Führung der kastilischen Könige und mit Hilfe von Ruy Diaz, genannt "El Cid", immer mehr Land zurück. Am Ende des 13. Jahrhunderts war nur noch Granada im Süden unter maurischer Herrschaft. Doch selbst Gra-nada fiel 1492 wieder dem christlichen Königreich zu.

Burgen und Festungen im Morgenland

Während man im Abendland noch Burgen aus Holz baute, errichteten die Muslime und Byzantiner gewaltige und imposante Festungen aus Stein. Diese Festen hatten eine rein militärische Bedeutung. Die Moslems waren hervorragende Burgenbauer. Die Zitadelle von Kairo hatte beispielsweise drei Meter dicke Mauern. Außerdem waren ihre L- förmigen Eingänge nur sehr schwer zu einzunehmen.
Die meisten orientalischen Burgen wurden rund gebaut. Dadurch waren sie zwar nicht so wohnlich wie die viereckigen Burgen, dafür aber wesentlich schwerer zum Einsturz zu bringen. Von ihren hohen Türmen aus hatten die Soldaten einen idealen Überblick über das Land.
Von großer Bedeutung für die Burgen waren damals große Vorratskammern, und, in einem so heißen und trockenen Land besonders wichtig, eine verläßliche Wasserquelle. Das Wasser wurde aus tiefen Brunnen gezogen, und das aufgefangene Regenwasser sammelte man in riesigen Zisternen unter der Erde.
Auch die Kreuzritter führten viele Belagerungen durch. Im Jahre 1189 zogen die Ritter des Dritten Kreuzzugs aus, um Akkon in Syrien zu erobern. Sie wollten die Mauern vom Meer aus überwinden, indem sie ihre Galeeren mit Kampftürmen bestückten. Dann wurden sie jedoch mit Griechischem Feuer, einem alten See-kampfmittel, vertrieben.
Zwei Jahre lang versuchten sie, die Burginsassen auszuhungern und die Burgmauern mit ihren größten Steinschleudern, dem Wurfzeug (Zugkatapult, Pretaria), einzureißen. Zuletzt blieb den Moslems nichts anderes übrig, als aufzugeben. Die Einnahme Akkons beendete die Kriege noch lange nicht - sie dauerten weitere hundert Jahre lang an.
Die Kreuzritter wandten sich auch gegen ihren Verbündeten, die Byzantiner. Im Jahre 1204 nahmen sie Konstantinopel, die byzantinische Hauptstadt, ein, deren massive Mauern schon im 5. Jahrhundert gebaut worden waren.

Burgen der Kreuzritter

Die Kreuzritter gründeten vier christliche Königreiche im Heiligen Land. Sie übernahmen alte Burgen der Byzantiner (der Nachkommen des Oströmischen Reiches) und der Araber, die sie erobern konnten, bauten aber auch viele neue. Einige Festungen bauten sie zu ihren Stützpunkten aus oder erweiterten sie gar. In den größten Burgen konnten Vorräte für fünf Jahre gelagert werden.
Durch den morgenländischen Baustil beeindruckt, errichteten sie aber auch eigene Burgen nach der Bauart der muslimischen Festungen. Diese Burgen nannte man Kraks. Anfangs dienten sie wie die abendländischen Burgen als Wohnorte, Zufluchtstätten, Verwaltungs- und Wirtschaftszentrum. Aber im Laufe der Zeit, als sie im 12. Jahrhundert immer weiter von den Muslimen in die Defensive getrieben wurden, rückte ihr militärischer Zweck in den Mittelpunkt.
Die Kraks waren meist an strategisch bedeutenden Punkten gebaut. Sie wurden deshalb zum wichtigstem Rückhalt im Heiligen Land. Aber die Kraks unterschieden sich auf Grund des muslimischen Burgenbaustil und weil sie militärischen Zwecken dienten, sehr von ihren Vettern im Abendland.
Eine Krak war eine Festung, eine militärische Anlage, weniger eine Burg. Fast könnte man sie sogar als Kaserne bezeichnen, weil jede Krak eine feste Besatzungsmannschaft, eine Garnison, hatte. Aber ihre Qualitäten lagen nicht in der Stärke ihrer Mauern, obwohl sie riesig und stark befestigt war, sondern darin, daß die Besatzung jederzeit bereit war, ins Feld zu ziehen, um mit der Unterstützung benachbarter Garnisonen ein gegnerisches Heer zu bekämpfen. Auf diese Weise konnte man sehr schnell ein schlagkräftiges Heer am Krisenort zusammenziehen.
Ein großer Nachteil dieser Festen war, daß sie keinen Brunnen hatten und man daher das Wasser zum Beispiel durch ein Aquädukt herbeiholen mußte. Ein Angreifer brauchte nur diese Wasserverbindung zerstören und warten, bis der Trinkwasservorrat zur Neige ging und die durstende Besatzung kapitulierte.
Besonders die zwei mächtigen Ritterorden der Johanniter und Templer hatten große Bedeutung bei der Verteidigung der Kreuzfahrerstaaten durch die große Anzahl der Kraks, die sie gebaut und erobert hatten. Eine der berühmtesten und wohl auch am besten erhaltene dieser Festungen ist die Johanniterburg Krak des Chevaliers in der Nähe vom Homs im heutigen Syrien. Sie war eine kleine, aber mächtige arabische Feste, welche die Johanniter 1142 einnahmen und dann ausbauten.
Zuerst besaß Krak des Chevaliers nur einen einzigen Hof. Später baute man noch eine zusätzliche Mauer zum Schutz des Torbereichs. Die Felswände fielen steil an drei Seiten der Burg ab, an der vierten befand sich ein Wassergraben.
Die Krak bestand dann aus einer erhöht liegenden ersten Ringmauer, in deren Schutz sich die Festungsgebäude befanden, und aus einer niedriger liegenden zweiten Ringmauer. Beide Mauern lagen dicht zusammen, so daß eine Verteidigung von zwei Ebenen aus möglich war. Meist waren die Ringmauern nach unten hin abgeschrägt, so daß man sie weder mit Sturmleitern noch mit Belagerungstürmen erstürmen konnte. Diesen Mauerabschnitt nannte man Talus.
Um das Tor zu erreichen, mußten die Angreifer einen schmalen Pfad entlangklettern und waren auf dieser Strecke dem Feuer der Verteidiger schutzlos ausgesetzt. Im Innern der Festung mußte man zunächst einer sich schlängelnden ge-wölbten Passage folgen, die von vier weiteren Toren geschützt war, bevor man schließlich zum wuchtigen Turm kam.
Krak des Chevaliers besaß riesige Kornspeicher, eine Windmühle und einen Aquädukt. Sie wurde zur wichtigsten Kreuzritterburg. Die Moslems versuchten während der 129jährigen Besatzung durch die Kreuzritter mehrfach, sie einzunehmen, konnten aber die ausgezeichneten Verteidigungsanlagen der Festung niemals überwinden.
Im Jahre 1271 wurde Krak des Chevaliers dann erneut angegriffen, und zwar vom ägyptischen Sultan. Diesmal kämpften sich die Moslems bis zum Innenhof vor, kamen dann aber nicht mehr weiter. Daraufhin schickten sie einen gefälschten Brief in die Burg. Da die Kreuzritter glaubten, der Brief enthielte einen Befehl aus dem Hauptquartier, gaben sie erschöpft auf und öffneten die Tore.
Als die Kreuzfahrer nach Hause zurückkehrten, ließen sie ihre Burgen im Stil der Kraks und der muslimischen Burgen im Nahen Osten bauen oder ausbauen. Auf diese Weise kam es, daß die abendländischen Burgen immer größer, gewaltiger und befestigter wurden.

Hochmittelalterliche Burgen

Seit Mitte des 11. Jahrhunderts diente die Burg dem Adel als Wohnsitz und Festung zugleich. Sie war zum Mittelpunkt des ritterlichen Lebens geworden. Burgen wurden meist auf nur schwer erreichbaren Bergkuppen und Hügeln erbaut. In flachen Gegenden umgab die Burgen mit breiten, tiefen Wassergräben, die sogenannten Wasserburgen. Außerdem errichtete man sie an strategisch wichtigen Punkten, wie zum Beispiel an wichtigen Verkehrswegen (Straßen und Flüsse). Am Rhein wurde fast um jede Flußbiegung eine neue Burg an den steilen Hang gebaut, und die Ufer der Loire säumen knapp 300 Burgen.
Die Burg bestand aus einer Hauptburg, die rundherum von einer hohen Mauer umgeben war. In die Mauer waren in unregelmäßigen Abständen Wachtürme eingebaut. Auf der Mauer war ein geschützter Gang, der Wehrgang, errichtet. An der Wand entlang des Wehrganges waren schmale Schießscharten eingelassen, um einen Angreifer vom Wehrgang aus unter Beschuß nehmen zu können. Ein Bogenschütze, der hinter einer Schießscharte stand, war für den Angreifer schwer zu treffen. Durch Pechnasen, Öffnungen im Boden des der Mauer vorgelagerten Wehrganges, konnte man heißes Wasser, Kalk, Pech, Steine und glühenden Sand auf die Angreifer schütten.
Im Inneren der Hauptburg befanden sich der Pallas, das Wohngebäude des Burgherren und seines Gefolges. In diesem Gebäude befand sich auch der meist einzige beheizbare Raum der ganzen Burg, die Kemenate, die der Wohnraum der Frauen war. Die kleine Besatzung der Burg und das Gesinde hatten meist ein eigenes Wohnhaus in der Hauptburg. Das Zeughaus, in dem Kriegsgerät gelagert wurde, befand sich auch im Innenhof. Meist hatte die Burg sogar eine eigene Kapelle.
Das wichtigste Gebäude in der Hauptburg aber war der Bergfried, in Westfrankreich. Er war der letzte Zufluchtsort der Burg. Selbst wenn der Feind schon im Innenhof stand, konnte der Bergfried noch weiter verteidigt werden. Er war mit keinem anderem Gebäude der Burg verbunden und konnte nur durch einen Eingang, hoch über dem Erdboden, mit einer Leiter erreicht werden. Der Bergfried war das höchste Gebäude der Burg. Er war praktisch eine kleine Burg für sich. Als letztes befand sich noch der lebenswichtige Burgbrunnen oder eine Zisterne in der Hauptburg.
Der Hauptburg war die Vorburg vorgelagert, welche ebenfalls durch eine Ringmauer geschützt war. Die Vorburg besaß Getreidespeicher, Stallungen und andere Wirtschaftsgebäude. Viele Burgen hatten auch ihre eigene Schmiede. Zuletzt wurde die Burg noch von einem breiten Graben umgeben. Die Schwachstelle jeder Burg war der Eingang. Deshalb war dieser durch ein Torhaus verstärkt. Das Tor selbst konnte durch eine Zugbrücke, ein Fallgatter und durch eine eisenverstärkte Doppeltür verriegelt werden. Um einem Angreifer den direkten Weg von der Vorburg zum Tor der Hauptburg zu versperren, hatten viele Burgen noch weitere Verteidigungsanlagen.
Als die Kreuzfahrer nach Europa zurückkamen, brachten sie schwererkämpfte Erfahrungen hinsichtlich der Belagerungstechnik mit zurück. Die Burgenbauer in Europa zeigten sich interessiert und stellten in der Folgezeit ihre Bauweise um. Die europäischen Burgen wurden durch den Einfluß der Festen des Morgenlandes immer größer und durch weitere Verteidigungsanlagen verstärkt. Nun entstanden Burgen mit mehr als nur einer Außenwand, mit Rundtürmen an den "schwachen" Ecken der viereckigen Burgen und mit vielen weiteren Merkmalen orientalischer Festungsbauweise. Durch unten offene Erker an der Außenseite der Burgmauer (Pechnasen), konnten die Verteidiger Pfeile abschießen, Steine fallenlassen oder kochendes Wasser und Öl über Feinde gießen.
Die quadratische Burg mit trommelartigen Türmen, wie z.B. die von Angers in Frankreich, kam groß in Mode. Man experimentierte aber auch mit vielen anderen Formen, so beispielsweise mit achtseitigen Burgen. Die Burgbaumeister inspirierten sich gegenseitig. So gab es in Spanien Burgen im maurischen Stil Nordafrikas. In Italien bauten Adelige Türme, die weit über die Dächer der Stadt hinausragten. Der Bau einer Burg erforderte viel Zeit, Geld und Mühe. Die Arbeiter mußten für ihre jahrelange Arbeit bezahlt werden. Tausende von Stein- und Holzladungen wurden benötigt.
Es wurde immer schwieriger, eine Burg zu erobern. Die Ringburg bildete den Höhepunkt des mittelalterlichen Burgbaus. Als die Kreuzritter im Osten kämpften, sahen sie dort muslimische und griechische Burgen, die an Stelle einer einzigen Mauer gleich von zwei oder drei Mauerringen umgeben waren. Jede Mauer wurde durch massive Türme geschützt und stellte einen eigenen Verteidigungsring dar. Die Innenmauern waren am höchsten, damit die Burgverteidiger bis zu den Außenmauern schießen konnten. Als die Kreuzritter nach Europa zurückkehrten, bauten sie ähnliche Burgen. An der äußeren Mauer befinden sich niedrige Bastionstürrne. Die Türme an der Innenmauer sind höher, dort steht ein massives Torhaus, und ein äußeres Vorwerk schützt die Zugbrücke. Die Soldaten bewachten die Mauergänge und gelangten über Passagen von Turm zu Turm.
Die mittelalterlichen Ritterburgen gewannen aus diesen Gründen zwar ein wenig an militärischer Bedeutung, hauptsächlich waren sie aber Wohnsitze des Adels und Zufluchtstätten für die Bevölkerung im Kriegsfall. Im Schutze einer Burg entstanden oft Ansiedlungen, von welchen viele in letzter Zeit zu bedeutenden Städten geworden sind. So zum Beispiel Ravensburg in der Nähe des Bodensees.
Häufig wurden alte Burgen und Stadtmauern wiederaufgebaut. Edward I., der von 1272 bis 1307 in England regierte, wollte einige Burgen im neueroberten Wales bauen lassen. Damit beauftragte er Jacques de Saint George, einen in ganz Europa berühmten Burgbaumeister. Mit Unterstützung von Architekten und Hunderten von Arbeitern, Schmieden, Steinmetzen und Zimmerleuten baute er die schönsten Burgen der damaligen Zeit.

Von der Burg zur Festung

Die Renaissance im 15. Jahrhundert war ein Zeitalter grundlegender Veränderungen in Europa. In kriegerischen Auseinandersetzungen wurden Armbrust und Katapult durch die Arkebuse (eine frühe Handfeuerwaffe) und die Kanone ersetzt. Die Burgenbauer mußten sich nun gegen das neuerfundene Schießpulver zur Wehr setzen.
Die Feuerwaffen wurden mit der Zeit immer wirksamer. Zwar waren sie im frühen 15. Jahrhundert noch nicht in der Lage, steinerne Wälle und Türme zum Einsturz zu bringen, hölzerne Wehrteile waren vor ihnen jedoch nicht mehr sicher.
Die hohen und relativ dünnen Mauern der mittelalterlichen Burgen boten jedoch auch nur einen schwachen Schutz vor den Kanonenangriffen. Im Jahre 1453 eroberten die Türken Konstantinopel. Mit ihren Kanonen bombardierten sie das alte Gemäuer so lange, bis die Mauern nachgaben. Der Fall von Konstantinopel schockierte die Herrscher in ganz Europa. Die Türken brachten die Stadt schließlich in ihre Gewalt, als sie heimlich durch einen unterirdischen Gang in Konstantinopel eindrangen.
Könige und Adlige lebten weiterhin in Palästen und Landhäusern. Diese sahen dann zwar noch aus wie Burgen, konnten sich aber nicht mehr gegen Kanonenangriffe verteidigen. Wehrhafte Festungen mußten nun anders konstruiert werden. Die Ideen hierzu kamen größtenteils aus Italien, dem Geburtsort der Renaissance. In einer Zeit, in der häufig Kriege geführt wurden, schufen Künstler wie Dürer, Michelangelo und Leonardo da Vinci nicht nur Skulpturen und Gemälde, sondern waren auch Experten im militärischen Bereich. Die Soldaten brauchten eine Festung mit starken Mauern, in der sie vor den Kanonenkugeln geschützt waren, und von der aus sie ihre eigenen Kanonen auf den Feind abfeuern konnten. Im 16. Jahrhundert wurde eine neue Art von Festung an den Küsten entlang gebaut, welche die feindlichen Schiffe fernhalten und so die eigenen Städte schützen sollten. Die Außenmauern waren niedrig, abgerundet und fielen schräg ab, damit die Kanonenkugeln abprallten. Hinter der Mauer befand sich eine hervorspringende Kante, auf der die Kanone stand. Vor der Mauer wurde ein Graben ausgehoben und ein freies Feld angelegt, um den Feind rechtzeitig entdecken zu können.
Viele dieser neuen Festungen beherbergten keine große Anzahl von Soldaten. Sie waren in erster Linie für die Verteidigung durch Kanonen und Kanoniere erbaut. Die Türme der Festungen waren nicht mehr hoch, sondern eher niedrig und gedrungen mit extrem dicken Mauern. Einige besaßen in die Mauern eingelassene Verteidigungsstellungen, Bastionen genannt. Von diesen Bastionen aus konnten die Verteidiger den Feind unter Beschuß nehmen.
Die Festung Salses an der französischen Mittelmeerküste, um 1497 begonnen, ist ein Beispiel für diese neue Bauweise. Im Jahre 1503 bestand sie ihre erste Belagerung. Für die damalige Zeit stellte die Anlage, die eingebettet in einer Ebene liegt, eine bahnbrechende Neuerung dar. Spätere Architekten griffen diese Technik auf, die auch für die modernen Festungswerke als Vorbild dient.
Gegen Ende des 15. Jahrhunderts hatte die eigentliche Burg ihre ursprüngliche Funktion als Wehranlage verloren. Sie diente nun immer mehr als reiner Wohnsitz. Einige Burgen wurden auch von ihren Bewohnern verlassen und nur noch als Gefängnisse oder Lagerräume benutzt. Denn viele der Fürsten und adligen Herren zogen es vor, sich eine neue Residenz bauen zu lassen, die mehr dem Stil der Zeit entsprach. An die Stelle der Burgen treten nun die kunstvolleren und prächtigeren Schlösser.
Dennoch sollten viele der mittelalterlichen Burgen die Jahrhunderte überdauern und selbst bis in die heutige Zeit hinein den Menschen Schutz und Zuflucht bieten. Einige von ihnen wurden in beiden Weltkriegen sogar noch einmal zum Schauplatz erbitterter Kämpfe.