Mittelalter-Waffen

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Bögen

In der einen oder anderen Form werden Bögen seit den Kindertagen der Menschheit verwendet. Sie stellten einen "großen Schritt" in der menschliche Fähigkeit dar, Schaden zuzufügen, weil der Angreifer sich in beträchtlicher Entfernung von seinem Ziel befindet. Er ist nicht in Reichweite der Klauen eines wilden Tieres oder der Nahkampfwaffen des Feindes.
Außerdem besteht bei den Bogen und Schußwaffen noch ein wichtiger Unterschied zu den geworfenen Waffen, den man gern übersieht, nämlich der, daß die eigentliche Waffe, die aufwendig und kostspielig gefertigt wurde, in der Hand des Schützen verbleibt, und man sie nicht nach dem Kampf, manchmal unter langem Suchen, zurückholen muß. Im Gegenteil, ein Bogen läßt sich immer wieder verwenden, solange der Kampf andauert.
Die ersten Bogen waren lange, schlanke Stäbe (auch Stecken genannt) mit einer Sehne aus Tiersehnen oder Pflanzenfasern. Ein Bogen, der über längere Zeit nicht benutzt wird, wird normalerweise entspannt, d.h. seine Sehne wird an einem Ende ausgehakt, damit der Stab sich wieder strecken kann, sonst verliert er allmählich seine Zugkraft.
Zum Bespannen eines Lang- oder Kompositbogens ist schon einiges an Kraft erforderlich, da der Stecken, auf der Erde stehend, so gebogen werden muß, daß die Sehnenschlaufe über seine Spitze gezogen werden kann.
Alle mittelalterlichen Bogen werden als Blankbogen bezeichnet, es sind Bogen ohne Visiere, Pfeilauflagen und ähnliche Hilfsmittel. Blankbogenschießen stellt auch heute noch eine Disziplin des Bogenschießens dar. Beim Blankbogenschießen, kann die Veränderung der Position der Zughand im Gesicht als Zielhilfe benutzt werden, ebenso die Veränderung der Position der Zughand auf der Sehne. Schnelles Blankbogenschießen nennt man Instinktiv-Schießen, weil der Schütze auf technische und sonstige Hilfsmittel verzichtet. Er zielt nicht, sondern hat sein Ziel lediglich kurz vor Augen, um dann zu lösen.
Eine weitere Disziplin beim Bogenschießen ist das Feldbogenschießen, bei dem die Schützen im Gelände aus bekannten oder unbekannten Entfernungen aus schießen. Diese Art des Schießens wurde ehemals entwickelt, um die Jagd- und Kriegssituation zu simulieren. Beim Feldbogenschießen geht es, außer dem Treffen von Zielen auch um Gruppierungen auf Entfernungen. Eine gute Gruppierung liegt dann vor, wenn die Pfeile eines Schützen möglichst nah beieinander liegen.
Für traditionelle Bogen werden insbesondere Bogensehnen im flämischen Spleiß (besondere Herstellungsart von Sehnen) verwendet. Ein Bogenrücken (Backing) ist beim traditionellen Bogen die Verstärkung auf der dem Schützen abgewandten Seite des Bogens und kann verschiedene Formen haben.
Von einer deflexen Bogenform spricht man, wenn sich der Bogen zum Schützen hin biegt. Von einer reflexen Bogenform spricht man, wenn sich der Bogen vom Schützen wegbiegt. Oberer und unterer Teil des Bogens, in dem die Energie gespeichert wird, und der sich beim Auszug biegt, werden Wurfarme genannt. Viele Bogen, außer den Langbogen, sind rekursiv (mehrfach geschwungen) gebogen.
Rekursive nennt man ein Ende des Wurfarms, wenn es sich im Zeitpunkt des Lösens vom Schützen wegbiegt. In diesem Teil des Bogens wird die meiste Energie gespeichert. Kompakte Kriegs- und Reiterbögen sind meist auf diese Art gefertigt, damit sie trotz ihrer relativ geringen Länge eine beachtliche Schußkraft entwickeln können.
Die Kerbe im Ende des Pfeils, mit welcher der Pfeil auf der Sehne befestigt werden kann, wird Nock genannt. Der Nockpunkt ist die Stelle auf der Sehne, wo der Pfeil aufgesetzt werden muß. Manchmal ist er als Hilfestellung farbig markiert. Die Mittelwicklung (Umwicklung des mittleren Teils der Sehne, auf dem der Nockpunkt fixiert wird) soll die Sehne vor einer Abnutzung schützen. Manchmal wird eine Mundmarke (Sehnenmarkierung in Höhe des Mundes des Schützen) montiert, die der Kontrolle des korrekten Auszugs dient.
Der Bogenarm, bzw. die Bogenhand ist der Arm bzw. die Hand, in welcher der Bogen gehalten wird. Beim Rechtshänder ist dies die linke, beim Linkshänder die rechte Hand. Entscheidend dafür, ob man jemanden als Linkshand- oder Rechtshandschützen bezeichnet, ist, mit welcher Hand die Sehne gezogen wird.
Zieht man die Sehne mit der rechten Hand, ist man ein Rechtshandschütze (in aller Regel wird man dann auch von Natur aus Rechtshänder sein). Zieht man die Sehne mit der linken Hand, ist man ein Linkshandschütze (zu 90 % sind Linkshandschützen von Natur aus auch Linkshänder). Die Hand, welche die Sehne festhält, wird auch als Zughand bezeichnet.
Ein bestimmter Punkt, üblicherweise im Gesicht des Bogenschützen, der beim Spannen des Bogens von der Zughand berührt wird, wird Ankerpunkt genannt. Die Distanz, über die der Schütze den Bogen zu spannen hat, um zu seinem Ankerpunkt zu gelangen, ist die Auszuglänge, gemessen von der Vorderkante des Bogens.
Beim mediterranen Schießstil befindet sich der Zeigefinger der Zughand oberhalb, der Mittel- und der Ringfinger unterhalb des Pfeils. Beim Untergriff wird die Sehne mit drei Fingern unterhalb des Pfeils gegriffen. Zum Spannen eines Bogens beim Schuß zieht man die Sehne (man faßt nicht den Pfeil selbst an) zurück bis etwa in den Bereich zwischen Wange und Ohr. Der Pfeil steckt mit seiner Nock-Kerbe auf der Sehne fest und wird mit der Sehne zurückgezogen. Man zielt mit dem Auge auf der Pfeilseite über den Schaft hinweg.
Wer schon einmal mit einem Bogen geschossen hat, weiß, daß die Fingerkuppen der Schußhand bald zu schmerzen beginnen, weil die gespannte Sehne beim Lösen daran entlangstreift. Deshalb trägt man den Schießhandschuh, einen speziellen Handschuh aus Leder mit 3 Fingern, der Zeige-, Mittel- und Ringfinger der Zughand schützt.
Weil eine gelöste Sehne dazu neigt, schmerzhaft gegen die Innenseite des Unterarms des Bogenarm zu peitschen, wenn der Bogen nicht richtig in der angewinkelten Hand gehalten wird, tragen viele Schützen einen Armschutz, ein Stück festen Materials das die gefährdeten Stellen bedeckt. In der Regel wird ein Armschutz aus Leder oder einem lederähnlichen Material gefertigt und an der Innenseite des Unterarms befestigt.
Für Anfänger empfiehlt sich ein Armschutz, der sowohl Unter- als auch Oberarm bedeckt. Bei professionellen Bogenschützen ist der Armschutz noch durch ein Stück Horn, Knochen oder dickes Leder verstärkt. Ohne diesen Armschutz gibt es schmerzhafte wunde Stellen mit Blutergüssen, die denen durch einen heftigen Peitschenhieb gleichkommen.
Gefährlich und zu vermeiden ist außerdem der sogenannte Trockenschuß, ein Loslassen der Sehne nach einem Probespannen, ohne daß ein Pfeil abgeschossen wird. Dies kann nicht nur die Zerstörung des Bogens, sondern auch Verletzungen des Schützen zur Folge haben.
Um ein Verdrehen der Wurfarme zu vermeiden, muß jeder Bogen stets mit einer Spannhilfe bespannt werden. Falls man einen rekursiven Bogen aufspannen möchte, kann man einen Spanngurt benutzen. Man steckt das linke Bein durch die kleine Gurtschlinge, steckt das untere Bogenende ebenfalls hindurch und bringt die Gurtschlinge auf Spannung. Dann steigt man mit dem rechten Bein über die Bogeninnenseite (zwischen Bogen und Sehne), spreizt die Beine und dreht die Hüfte in den Bogen. Über die Hüfte als Hebelpunkt hat man genug Kraft, den Bogen soweit zusammenzubiegen, bis man die Sehnenschlinge ein- oder aushaken kann.
Eine weitere Methode, vor allem für Langbögen, ist das Spannen mit einer Spannleine, die verhindert, daß ein Wurfarm zu stark belastet würde und zerbrechen kann. Die Spannleine ist im Prinzip eine überlange Bogensehne, die wie eine solche aufgezogen wird. Die Mitte der Spannleine wird dann mit dem Fuß auf dem Boden fixiert und der Bogen in der Mitte emporgehoben, bis er sich (gleichmäßig) so weit durchbiegt, daß die eigentliche Sehne aus- oder eingehakt werden kann.
Reine Bogenschützen tragen unterschiedliche Panzer oder einfach ein wattiertes Wams. Arme und Finger sind normalerweise mit Leder geschützt. Ein Bogenschütze hat gewöhnlich 24 Pfeile bei sich, bzw. trägt sie unmittelbar am Körper. Auf Nachschubwagen werden neue gebracht.
Viele Bogenschützen tragen ihre Pfeile lieber im Gürtel als in einem Köcher; vor allem für Reiter gibt es Hüft- oder Sattelköcher, im Gegensatz zu den üblichen Rückenköchern. Um schnell nachladen zu können, stecken Fußschützen die Pfeile auch oft vor sich in den Boden.
Ein geübter Schütze kann, wenn ihm die Pfeile angereicht werden oder sie vor ihm in der Erde stecken, alle fünf Sekunden einen Schuß abgeben, allerdings läßt ihm die schnelle Schußfolge weniger Zeit zum Zielen. Muß er sich aus einem Köcher bedienen oder will er genauer zielen, so beansprucht jeder Schuß etwa zehn Sekunden.
Pfeil und Bogen waren die Waffen des einfachen Mannes in Europa, da geschmiedete Waffen unbezahlbar waren (ein geschmiedetes Schwert kostete genausoviel wie zwei Pferde). Im Spätmittelalter hatte der Bogen als Kriegswaffe seine Blütezeit in England. Die Fürsten versorgten ihre Bogenschützen besser als die Infanterie und im Troß der Heere waren immer Bogenbauer, Fletcher (Pfeilschäfter) und Schmiede, welche die Ausrüstung der Schützen instandhalten mußten.
An strategischen Punkten wurden Lager unterhalten, in denen Pfeile, Bögen und alles weitere Zubehör deponiert wurde. Alte Lagerlisten aus dem Tower zu London belegen, daß im Jahre 1359 20.000 Langbögen, 85.000 Pfeile und 50.000 Sehnen eingelagert waren.
Mit der Verbreitung von Handfeuerwaffen geriet der Gebrauch von Bögen außer Übung. Die Überlegung war, daß ein verwundeter oder geschwächter Soldat zwar nicht mehr die Kraft besäße, einen Bogen zu spannen, aber er konnte immer noch einen Abzug bedienen.
Bogenschützen wurden noch bis ins 17. Jahrhundert hinein im Krieg eingesetzt. Auch heute noch ist der Bogen eine zwar etwas anachronistische, aber immer noch sehr effiziente Waffe. Vor allem für Attentate eignet er sich hervorragend, weil er leicht zu bekommen ist und nicht registriert wird, sehr leise ist und Pfeile für Ballistiker kaum Untersuchungswert haben, zumal sie leicht wieder aus dem Opfer entfernt werden können (im Gegensatz zu Kugeln). Außerdem kann man Bogen und auch Pfeile mit besonderen Spitzen auch sehr leicht selbst herstellen oder nicht nachvollziehbare Standardware "von der Stange" verwenden. (Dies soll keine Anleitung oder Aufforderung zu Attentaten sein. Diese sind nämlich verboten. :-) )
Kompositbögen sind Bögen, deren Stäbe aus mehr als nur einem Material bestehen. Dadurch erreichen die Bögen eine enorme Zugkraft, selbst in der Hand eines schwachen Bogenschützen.
Das zweite Material, aus dem der Kompositbogen besteht, kann alles von einer anderen Holzsorte über Knochen, Sehnen bis hin zu Metall sein. So gibt es eine Variationen aus Geweihen oder eine mit an einem Holzgriff angebrachten Metallfedern.
Sehr verbreitet war auch der Hornbogen, der aus verleimten und verzahnten Hornstäben sowie Sehnen besteht. Der Vorteil des Hornbogens sind hervorragende Schießergebnisse bei trockenem Wetter. Der Nachteil ist der hohe Preis (man braucht für einen Hornbogen die Achillissehnen von ca. 55 Rindern), und bei feuchtem Wetter sind die Schießergebnisse nicht erwähnenswert.
Beim Compoundbogen wird die Sehne nach dem Flaschenzugprinzip mehrfach umgelenkt, und damit die Wirkung des Bogens verlängert. Der Compoundbogen zählt zu den modernen Bögen und ist nur der Vollständigkeit halber mit aufgeführt. Im Mittelalter gab es ihn noch nicht.
Das Material des Compoundbogens kann stärker ausfallen, weil die Zugkraft durch das Flaschenzugprinzip in einen längeren Weg gewandelt wird. Meistens verfügt dieser Typ von Bogen über je eine Rolle am oberen und unteren Wurfarm, über die zwei Kabel geleitet werden.
Als Summe hat ein Compoundbogen die gleichen Eigenschaften wie ein Langbogen, aber die Abmessungen eines Kurzbogens. Hat man den Bogen über einen bestimmten Punkt hinweg ausgezogen, wird das Zuggewicht deutlich reduziert. Diese Zuggewichtsreduktion beträgt 50 %, 65% oder sogar 80%. Das maximale Zuggewicht bei Compoundbögen bezeichnet man als Gipfelzuggewicht.

Die Kurzbögen

Zuerst entwickelten sich die Kurzbögen, auch wenn sie damals noch nicht so hießen. Das Wort ist heute vielmehr ein Auffangbegriff, der alle Bögen umfaßt, die keine mittleren oder Langbögen sind. Kurzbogenstecken sind bis zu einen Meter lang.
Im Laufe der Jahre bemühte man sich, die Reichweite der Bögen zu vergrößern. Man baute die Bögen entweder mit längeren Stäben, was zur Entwicklung der mittleren und Langbogen führte, oder man verbesserte die Flexibilität, ohne daß man den Stab verlängerte.
Kurzbögen können nur Kurzbogen-Pfeile verschießen, die etwa 60 cm lang sind. Es sind hauptsächlich Jagdpfeile (Flugpfeile) ohne schwere Kriegsspitzen.
Der Flitzebogen (engl.: Self Bow, franz.: Arc) ist ein provisorischer Bogen, der "mal eben auf die Schnelle" selbst aus einem Ast o.ä. hergestellt wurde. Er ist nicht besonders zielgenau und verfügt nur über eine geringe Reichweite. Der Flitzebogen wird oft nur als Kinderspielzeug benutzt oder zur Kleintierjagd eingesetzt. Wenn man gerade keine Fernwaffe zur Hand hat, kann man ihn in wenigen Minuten selbst bauen, sofern man eine taugliche Bogensehne zur Verfügung hat.
Der Kurzbogen (engl.: Short Bow, franz.: Court Arc) besitzt einen Stecken von etwa einem Meter Länge, ist gespannt durch seine Krümmung natürlich etwas kürzer. Er ist leicht zu tragen, wenn auch nicht ganz einfach zu verbergen, ist aber eine beliebte Fernwaffe und eignet sich auch hervorragend zur Jagd auf kleineres und mittelgroßes Wild und zur Benutzung vom Pferd aus. Die Zugkraft beträgt etwa bis zu 25 Kilogramm.
Der Kompositkurzbogen (engl.: Composit Short Bow, franz.: Court Arc composit) ist besonders bei Reitern beliebt, da er sich auch vom Pferderücken aus gut einsetzen läßt und wesentlich effizienter als ein normaler Kurzbogen ist. Schon in den Grabbeigaben von Tutenchamun sind Kompositbögen zu finden.
Mit dem Reiterbogen (engl.: Horseman's Bow) kann man selbstverständlich auch dann schießen, wenn man kein Pferd hat. Man wird sich wundern, welche Energie in diesem relativ kleinen Spezialbogen steckt. Aufgrund der doppelt rekursiv geschwungenen Wurfarme läßt er sich butterweich spannen. Er ist kräftig und trotzdem kurz genug, um einen Reiter nicht sonderlich zu behindern, und er eignet sich ebenfalls für Schüsse aus kniender Position heraus.
Der Bogen besteht oft aus Bergahorn, Ahorn- oder Eschenholz. Dort, wo die Sehne eingehängt wird, sind die Bogenenden zusätzlich mit Hartholz versehen. Die Wurfarme sind mit Leder ummantelt. Edle Ausführungen haben eine Umwicklung aus Fischleder sowie Hornauflagen im Bereich der Bogenenden und des Griffes.
Er ist ideal für Schützen, die großen Wert auf Geschwindigkeit legen. Das Zuggewicht liegt zwischen 15 und 60 Kilogramm, er schießt etwa 80 bis 120 Meter weit. Wenn der Reiterbogen traditionell geformt und sein Griff symmetrisch ist, ist er von Rechts- und Linkshandschützen verwendbar.
Zum Auf- und Abspannen des stabilen Bogens ist etwas Kraft und ein Spannriemen als Spannhilfe nötig. Der Reiterbogen ist mit leicht geöffneter Hand zu schießen, so verdreht er sich nicht beim Schuß. Berühmt sind die koreanischen und baltischen Reiterbögen.

Die Langbögen

Der lange Bogen ähnelt dem Kurzbogen, mit dem Unterschied, daß der Stab etwa so lang ist wie der Schütze groß ist oder sogar noch länger, normalerweise bis etwa 195 cm. Er besitzt eine höhere Reichweite und eine stärkere Durchschlagskraft als der kurze oder mittlere Bogen und kann Langbogen-Pfeile von ca. 80 cm bis 1 Meter Länge verschießen.
Langbogenschützen müssen ständig trainieren, um genügend Kraft zum Spannen des Bogens zu haben. Oft zielt man auf aufgemalte Scheiben an Ton- oder Lehmwänden, damit die Pfeile bei Fehlschüssen nicht davonfliegen. Zum Üben werden normalerweise einfache Holzpfeile verwendet.
Der Langbogen (engl.: Long Bow, franz.: Long Arc) selbst besteht meist aus Ulmen-, Eschen- (englischer Langbogen) oder Eibenholz (Wikingerbogen), aber keineswegs aus einem beliebigen Stück Holz. Der Bogen wird sorgfältig aus Herz und Korpus eines Astes geschnitzt und stellt schon fast einen natürlichen Kompositbogen dar.
Die Länge des Langbogens schwankte regional. Sie richtete sich nach der Größe des Mannes, dem der Bogen genau angepaßt werden mußte. In England war er meistens so lang wie der Abstand zwischen den ausgebreiteten Armen des Schützen von der Spitze des linken bis zur Spitze des rechten Mittelfingers, was auch ungefähr der Körpergröße entsprach.
Der traditionelle Langbogen, der stets ohne Visier und sonstige Hilfsmittel geschossen wird, ist von der Form seiner Wurfarme stets gerade, nicht rekursiv. Die mannslange Bogensehne wird meistens aus Hanf oder Flachs gefertigt. Damit die Sehne festen Halt hat, ist der Bogen an den Spitzen mit Hornkerben versehen.
Zum Spannen eines Langbogens muß man etwa die gleiche Kraft aufwenden wie zum Heben eines 36-Kilogramm-Gewichts. Dieser große Bogen kann aber nur im Stehen gebraucht werden und eignet sich nicht zur Verwendung auf einem Reittier.
Mit Langbögen können sowohl Jagdpfeile als auch die schwereren Kriegspfeile verschossen werden. Ein guter Schütze soll zwölf Pfeile in der Minute treffsicher abgeschossen haben. Die Zugkraft liegt bei etwa 50 Kilogramm. Von einem Langbogen abgeschossene Pfeile fliegen bis zu 300 Meter weit, wobei sie aber schon nach kurzer Zeit ihre größte Wucht verlieren.
Bis zu einer Reichweite von 90 Metern sind die eisernen Spitzen der Langbogenpfeile allerdings ziemlich tödlich. Die Schützen können einen wahren Pfeilhagel auf den Feind niederprasseln lassen, indem sie die Pfeile hoch in die Luft schießen. Streitrosse sind besonders leicht verwundbar, weil bestimmte Körperteile immer ungeschützt bleiben. Pfeile mit nadelförmiger Spitze können noch auf große Entfernung Kettenglieder von Rüstungen durchbohren, wenn sie genau zwischen den Ringen auftreffen.
In Schlachten um Burgen ist der Langbogen eine der beliebtesten Waffen, sowohl für Belagerer als auch für die Belagerten. Der Bogen erweist sich in der Hand eines geübten Schützen aber auch in offenen Feldschlachten, vor allem im Kampf gegen die Reiterei, als sehr wirksame Waffe.
Langbögen waren in vielen europäischen Ländern, besonders aber in England, beliebt. Auf dem Festland bevorzugte man dagegen die Armbrust. Die Engländer hatten im 12. Jahrhundert Zusammenstöße mit walisischen Langbogenschützen, die später häufig in der englischen Armee eingesetzt wurden. Viele walisische Schützen trugen, wahrscheinlich wegen des besseren Halts, keine Schuhe. Mit der Armbrust ließen sich nur zwei oder drei Schüsse in der Minute abfeuern. Bei Regen und Feuchtigkeit wurde die Armbrustsehne leicht schlaff.
Vor allem im Hundertjährigen Krieg (1337 - 1453) setzten die Engländer viele Bogenschützen gegen die Franzosen ein. In der Schlacht von Crécy (1346) stand dem Heer des englischen Königs Edward III., das aus 13.000 Mann, davon 6.000 Bogenschützen bestand, ein französisches Heer mit mehr als 40.000 Soldaten gegenüber. Trotz ihrer Übermacht waren die französischen Armbrustschützen nicht imstande, die Pfeilregen der berühmten englischen Langbogenschützen wirkungsvoll zu erwidern, und die französischen Ritter wurden vernichtend geschlagen.
Edward III., der "Schwarze Prinz", wegen seiner Rüstung so genannt, schlug das französische Ritterheer erneut mit seinen englischen Bogenschützen 1356 bei Maupertuis in der Nähe von Poitiers. 1415 siegte der englische König Heinrich V. bei Agincourt und vernichtete mit Hilfe der beweglichen Bogenschützen das zahlenmäßig vielfach überlegene französische Heer. Noch 200 Jahre später, 1627, befanden sich englische Bogenschützen im Solde Kardinal Richelieus bei der Belagerung von Larochelle und dem Angriff auf die Insel Re.
Der Reflexbogen, den die türkischen Janitscharen im 15. Jahrhundert verwendeten, war ein Kompositbogen von hoher Qualität. Allein seine Herstellung aus Holz, Horn, Sehne und Fischleim dauert ein volles Jahr, dafür erreicht diese Waffe aber eine Lebensdauer von 100 Jahren. Der Bogen ist sehr stark gekrümmt, sogar über seine Scheitelpunkte hinweg, so daß er wie ein großes "C" aussieht, d.h. die Sehne ist ein Stück kürzer als der Bogen.
Der türkische Reflexbogen ist den europäischen Bögen aus der gleichen Zeit weit überlegen, sowohl an Stabilität als auch an Schußkraft. Ein kräftiger Bogenschütze kann bis zu 800 Meter weit damit schießen, und gezielte Schüsse sind bis auf 300 bis 350 Meter möglich, also so weit wie ein englischer Langbogen überhaupt trägt.
Die türkischen Bogenschützen waren darauf trainiert, den Reflexbogen in jeder Lebenslage zu benutzen. Ob sie auf galoppierendem Pferd oder beim Rückzug sogar über die Schulter hinweg ihre Pfeile versandten, minderte ihre Trefferquote nicht wesentlich. Dazu schossen sie im Salventakt.

Bauanleitung für einen Bogen

Im folgenden wird eine Bauanleitung für einen Kurzbogen der nordamerikanischen Steppenindianer wiedergegeben. Dies ist eine gute Quelle, wie man selbst einen Bogen herstellen kann und wie er in ähnlicher Form möglicherweise auch früher in Europa angefertigt worden sein könnte.
Man benötigt einen oder besser mehrere (es ist besser, mehrere Rohlinge zu haben), in der Mitte ca. 5 bis 6 cm dicke, junge Bäume. Empfohlen wird besonders Eschenholz. Die Rohlinge werden dann auf die Länge von den Fingerspitzen des seitlich ausgestreckten, rechten Armes, bis zum Ende der linken Schulter des zukünftigen Verwenders gekürzt. Wer einen Langbogen herstellen will, sollte die Distanz zwischen den Fingerspitzen beider ausgestreckter Arme zugrunde legen.
Nun werden die Rohlinge entrindet und über Nacht an einem kühlen Ort gelagert. Nach einer Lagerung von mindestens 6 Stunden wird der natürliche Bogen des Rohlings ermittelt, indem man ein Ende auf den Boden stellt und mit einem Fuß fixiert und das andere Ende senkrecht mit der linken Hand festhält. Mit der rechten Hand greift man in die Mitte des Rohlings und prüft, in welche Richtung sich der Rohling am besten biegen läßt, ohne sich zu verdrehen. Dies wird die Richtung des Bogens.
Der Bogen wird getrimmt, indem in langen Strichen die beiden Enden mit einem Hobel dünner geschabt werden. Danach wird der Rohling wieder einige Tage abgelagert und dann feuergehärtet, indem das Holz über starker Glut (z.B. Holzkohle) bewegt wird, ohne daß die Oberfläche anbrennt.
Nach dem Feuerhärten wird das Holz wiederholt mit Fett oder Öl eingerieben, bis das Holz nichts mehr absorbieren kann. Jetzt können die Enden noch weiter ausgeformt werden, um noch elastischer zu werden und die Sehne zu halten (einkerben). Ist diese Arbeit fertig, werden die Enden mit nasser Sehne umwickelt und mit Kiefernharz verklebt.
Wenn die Sehne ausgehärtet ist, kann der Bogen mit Sehne gespannt werden. In diesem Fall ist die "Bogensehne" wörtlich zu nehmen. Die Bogensehne wird aus getrockneter, zerfaserter und wieder angefeuchteter Sehne hergestellt. Zunächst wird mit Zeigefinger und Daumen aus einigen feuchten Fasern ein Faden gedrillt, bzw. gesponnen. Um diesen Faden wird ein anderer Faden schraubenförmig gewickelt. Darum wird dann in anderer Richtung ein weiter Faden gewickelt, so daß die Wicklungen über Kreuz liegen.
Diese Prozedur wird so lange wiederholt, bis die gewünschte Dicke erreicht ist. Danach werden die Enden verspleißt und die Oberfläche mit Speichel glatt gerieben. Die Sehne muß jetzt in leicht gespannter Position austrocknen. Beim Trocknungsprozeß kleben dann die feuchten Sehnenfasern zusammen.
Die Sehnenmitte sollte man zum Schutz vor Abnutzung mit dünnem Garn umwickeln. Wer keine echte Sehne verwenden möchte, kann natürlich auch eine starke Schnur (gewachst oder aus Kunststoff) benutzen.