Zeittafel 0 bis 599

0-599 600-699 700-799 800-899 900-999

1000-1099 1100-1199 1200-1299 1300-1399 1400-1499 1500-1599

489
Auf Anordnung des Kaisers wird die nestorianische Schule von Edessa (in Syrien) geschlossen. Die Nestorianer (jene Christen, die der Menschlichkeit Christi im Verhältnis zu seiner Göttlichkeit höhere Bedeutung zumessen) suchen Zuflucht im persischen Nisibis. Dort errichten sie 498 mit Unterstützung des örtlichen Bischofs eine nestorianisch geprägte höhere Schule. Hier wird auch aristotelische Logik gelehrt und möglicherweise gibt es auch eine Ärzteschule. [Anmerkung: Wenn vor Karl dem Großen vom Kaiser die Rede ist, ist damit der byzantinische Kaiser gemeint, denn den westlichen Kaiser gibt es noch nicht.]

492
Gelasius I. wird Papst; er stellt die bischöfliche neben die weltliche Gewalt.

494
In Spanien lassen sich die ersten Anzeichen einer westgotischen Einwanderung feststellen.

496
Chlodovech I. (Chlodwig) schlägt nach lange schwankendem Streit gegen die Alamannen eine entscheidende Schlacht gegen jene. Möglicherweise hat der den Alamannen benachbarte König Sigibert der Uferfranken (zu Köln) den Chlodovech gegen diese zu Hilfe gerufen. Die dürftigen und voneinander abweichenden Quellen geben an, daß die Alamannen unter einem einzigen König gefochten haben und nach dessen Tod in der hin und her schwankenden Schlacht sich unterwerfen. Es wird sich aber kaum um die Gesamtheit der Alamannen gehandelt haben, denn Theoderich d. Gr. hat einige ihrer populi unter seinen Schutz genommen und in "Rätien" angesiedelt. Jedenfalls verlieren die Alamannen nach dieser Schlacht das linke Rheinufer mit Ausnahme des Elsaß. Gleichzeitig oder bald darauf räumen sie rechtsrheinisch das Gebiet vom unteren Neckar bis zum oberen Main. Schrittweise ziehen hier fränkische Kolonisten ein. Mit dem Sieg über die Alamannen verknüpft die Überlieferung (namentlich Gregor von Tours) den Übertritt Chlodovechs zum katholischen Christentum, nachdem es im Gefecht zunächst schlecht für ihn ausgesehen haben und die Anrufung der Götter keinen Erfolg gebracht haben soll. Dieses Taufdatum ist lange unkritisch übernommen worden, doch steht das Jahr nach neuerer Forschung (z.B. Alain Dierkens und Ian Wood) keineswegs fest, sondern dürfte eher um 508 gewesen sein. Wenn dem so ist, könnte auch die Alamannenschlacht erst gegen 506 oder 507 stattgefunden haben. Einige Umstände in seinem Verhalten zwischen 496 und 508 lassen durchblicken, daß die Entscheidung für den Katholizismus aber bereits gefallen ist. Papst Gelasius I. stirbt. 24. November: Neuer Papst wird Anastasius (bis 498).

500 Ca.
Aelle von Sussex wird als Bretwalda anerkannt (Ältester der Sachsenkönige). Um diese Zeit ist der Dänenkönig Hrotgar aus dem Geschlecht der Scyldingas nachgewisen, der als eine Hauptfigur im Beowulf-Epos auftaucht. Konstantinopel hat 300000 bis 500000 Einwohner, zum Vergleich: Tolosa hat nur 15000. Blüte der Alchimistenschule von Alexandria, die von etwa 400 bis etwa 600 besteht.

506
2. Februar: Alarich II., König der Westgoten erläßt in Tolosa (Toulouse) ein Gesetzeswerk namens "Lex Romana Visigothorum", auch "Breviarium Alaricianum" genannt. Es gilt für die im Westgotenreich lebenden früheren römischen Bürger und deren Nachkommen. Dieses Werk enthält vor allem Auszüge aus dem "Codex Theodosianus" (vom Jahr 439), späteren Novellen dazu, den Institutionen des Gaius und dem "Codex Gregorianus" (aus dem Jahre 294) und dem "Codex Hermogenianus" (aus dem Jahr 295). Alarich II. ist durchaus nicht systhematisch katholikenfeindlich, wie ihm das von Gregor von Tours unterstellt wird. Das Breviarium läßt einige Übereinkünfte erkennen und vermuten, daß Chlodwig durchaus nicht von allen Bewohnern des Westgotenreiches als Befreier angesehen wird, wie Gregor behauptet. 10. September: Ein gallisches Landeskonzil soll zwischen der römisch-katholischen Mehrheit und der gotisch-arianischen Minderheit einen Ausgleich herbeiführen.

507
Spätsommer: Auf den Vocladischen (Vogladensischen) Feldern (bei Vouillé) werden die Westgoten von den Franken besiegt, König Alarich II. fällt, angeblich von Chlodwig eigenhändig erschlagen. Die zahlenmäßig unterlegenen Goten können die vielen fränkischen Fußkrieger nicht niederreiten und auch nicht irritieren. Es ist das Ende des Tolosanischen Reiches, jedoch nicht der Westgoten. In einem Brief Theoderichs an den Burgunderkönig Gundobad taucht erstmals der Begriff "Burgundia" auf.

508
Wahrscheinlich erst jetzt läßt sich Chlodwig in Reims von Bischof Remigius taufen (von Gregor von Tours, dessen Werk einem Schema von Fünfjahreszyklen folgt, nach 496 verlegt). "Hin schritt zum Taufbad der neue Constantinus. (...?) Er wollte abspülen das Siechtum des alten Aussatzes und die lange getragenen schmutzigen Flecken mit frischem Naß." [Gregor von Tours] Über 3000 aus seinem Heer lassen sich (nach Gregor) ebenfalls taufen, ebenso seine heidnische Schwester Albofled und die arianische Lantechild. Die größte Masse der Franken ist jedoch noch heidnisch und die Arianer sind nur am Hof vertreten. Nach Gregor von Tours schickt Papst Anastasius (angeblich im Jahre 496) sogleich eine Gesandtschaft unter dem Priester Eumenius zum frisch getauften Chlodwig - die erste päpstliche Gesandtschaft zu den Franken. Chlodwig wird sogleich als Beschirmer der Kirche aufgerufen, denn er ist derzeit der einzige katholische Fürst der Welt. Hier taucht die erste bezeugte Regung der Kirche zur Katholisierung der übrigen Germanenvölker auf - durch handfeste weltliche Macht des Frankenkönigs, welcher in diesem Jahr vom Kaiser anerkannt wird. Genauer: Er wird zum Konsul und Patricius ernannt.

511
Im Severin-Gedächtnis-Kloster zu Lucullananum bei Neapel verfaßt Abt Eugippius die "Vita Sancti Severini". 11. Juli: Chlodwig I. beruft die erste fränkische Kirchenversammlung nach Orleans, zu welcher 32 Bischöfe kommen. Die Kirchen der Arianer sollen diesen weggenommen und zu katholischen umgewidmet werden. ie lex salica wird veröffentlicht. Sie gilt für diejenigen Franken, die zwischen dem Kohlenwald und der Lys (heute Westbelgien) leben und regelt vor allem Rechte und Pflichten der Gefolgsleute sowie die Gleichbehandlung zwischen Franken und Galloromanen. Frauen sind von der Erbfolge im Grundbesitz ausgeschlossen. 27. November: Chlodwig I. (45) stirbt in Paris. Sein Reich wird gemäß dem salischen Erbrecht unter seinen vier Söhnen Theuderich, Chlodomer, Childebert und Chlothachar aufgeteilt - und zerfällt entsprechend, da er nicht für seine Nachfolge vorgesorgt hat. Theuderich (bis 534) ist der einzige frühe Merowinger, der in der Heldensage Spuren hinterlassen hat.

512
Bschof Caesarius gründet in Arles ein Kloster.

515
Theudebert, der Sohn des fränkischen Teilkönigs Theuderich von Metz (und der Tochter des Burgunderkönigs Sigimund, Enkelin Gundobads) wehrt einen Einfall "dänischer" (!) Plünderer ab, welche die Maas hinaufgefahren sind und das Gebiet der Attuarier (um Geldern) verheert haben. Deren "König" Chochilaich, der an Land zurückgeblieben ist um den Rückzug der Schiffe zu decken, fällt. Dann werden auch die Schiffe noch erwischt und die Franken gewinnen Beute und Gefangene zurück. Diese erstmals genannten Dänen sind Gauten und der König entspricht dem Hygelac des Beowulfliedes.

520
Gründung des Klosters Clonard in Irland.

523
Hygelac, ein König der südschwedischen Gauten, fällt auf einem Feldzug am Niederrhein. Nach dem Beowulf-Epos ist er der Onkel von Beowulf.

524
Es stirbt Boethius (44). Er hat nicht nur Auszüge aus des Aristoteles Logikhandbüchern übersetzt und Handbücher über die freien Künste herausgegeben, sondern auch kurze Anhandlungen über aktuelle religiöse Kontroversen verfaßt.

526
30. August: Theoderich der Große stirbt an der Ruhr. Er wird später als Verfolger der Katholiken gebrandmarkt. Aus diesem Jahr datieren die ersten Spuren der Langobarden in Pannonien.

527
Byzanz: Regierungsantritt Justinians.

529
Benedikt gründet auf dem Monte Cassino "das erste abendländische Kloster" (wohl nach älterer Auffassung). An diesem Ort, wo er noch Heiden findet, zerstört er den letzten bekannten Tempel des Apollo. Justinian läßt die neuplatonische Schule von Athen schließen. [Das Altertum ist eigentlich vorbei - obwohl einige den Beginn des Mittelalters erst um 800 ansetzen. Wenn man dieser Auffassung folgt, fällt die Benennung der Zwischenzeit etwas schwer, denn die Völkerwanderungszeit kann dafür nicht herangezogen werden - sie endet in diesem Jahrhundert. Besonders im angelsächsischen Raum gibt es den Begriff der "Dark Ages" für die kommenden Jahrhunderte, besonders nach älterer Auffassung.] Justinian verfügt (Cod. Just. 3,43,1) am 22. September: "Die Gewohnheit, zu spielen, ist eine alte und den Kämpfern außerhalb der Arbeitszeit erlaubte Angelegenheit. Zur Zeit ist sie etwas Beweinenswertes geworden, da sie sich vieler Tausende aus anderen Ständen bemächtigt hat. Denn es haben manche, indem sie weder eigentlich spielten noch ein Spiel verstanden, vielmehr nur durch Verluste ihr Vermögen verloren, indem sie Tag und Nacht mit Silber, Edelsteinen und Gold spielten. Durch eine solche Unordnung kommt es aber dazu, daß sie Gott zu lästern wagen und Schuldscheine ausstellen. Indem Wir durch für das Wohl Unserer Untertanen sorgen, verordnen Wir durch gegenwärtiges Gesetz, daß niemand an öffentlichen oder privaten Orten spielen und zusehen darf. Wenn dagegen gehandelt wird, erfolgt keine Verurteilung (zur Bezahlung des Verlustes), sondern das Gezahlte soll zurückgegeben werden und kann mit den dafür zustehenden Klagen zurückgefordert werden, nämlich von denen, die es gegeben haben, oder, wenn diese Personen es unterlassen haben, von den Prokuratoren, den Vorstehern oder Vertretern jener Stadt, indem (einer solchen Klage) nur die Verjährungsfrist von 50 Jahren entgegenstehen soll. Die Ortsbischöfe sollen darauf achten und sich dabei der Hilfe der Provinzstatthalter bedienen können. Ferner sollen sie fünf Spiele gestatten: das Springen ohne eine Stange, das Springen mit einer Stange, das Werfen eines Speeres ohne Schwungriemen, ferner das Kämpfen und Ringen und das Pferderennen. Diese Spiele gestatten Wir, vorausgesetzt, daß sie ohne Betrug und Arglist vor sich gehen. Wir gestatten aber auch, bei diesen Spielen nicht höher als um ein einziges Goldstück zu spielen, wenn ein Spieler sehr reich ist, so daß, wenn jemand besiegt werden sollte, er keinen großen Schaden erleidet, denn Wir führen nicht nur die Kriege, sondern ordnen auch die Staatsangelegenheiten gut an. Indem Wir nun jene Strafe den Übertretern androhen, erteilen Wir den Bischöfen die Erlaubnis, dies zu untersuchen und mit Hilfe des Provinzstatthalters zu schlichten..."

532
Beginn der Ostertafeln des Dionysius. Die Geburt Christi wird auf den 25. Dezember des Jahres 1 v. Chr. angesetzt. Daneben wird die Diokletianische Ära (später auch aera martyrorum) gestellt, welche am 29. August 284 beginnt.

534
Die Byzantiner bereiten dem nordafrikanischen Vandalenreich ein Ende. (An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, daß der Begriff des "Vandalismus" erst 1794 in Frankreich auftaucht.) 16. November: In Byzanz wird der Codex Justinianus veröffentlicht. Dieser Rechtskodex umfaßt über 4600 Konstitutionen. Beginn einer Variante der Zeitrechnung im Abendland - nach Konsulatsjahren. Dieses Jahr ist das erste Jahr post consulatum Paulini. (Diese Erscheinung ist auf das früheste Mittelalter beschränkt.)

537 Ca.
Der Sage nach soll König Artus (Arthur) in der Schlacht von Camlann gefallen sein.

540
Theudebert läßt die ersten germanischen Münzen schlagen.

542
Die Pest in Konstantinopel ("Justinianische Pest"). Es stirbt Bischof Caesarius von Arles. Er hatte einen Geistlichen als Spaßmacher und "in schändlicher Redeweise agierenden Spielmann". In einem später oft zitierten Text hat er gegen jene gepredigt, "die noch die höchst schmutzige Schändlichkeit mit der Hindin und dem Hirsch betreiben". Es scheint sich dabei um das "in cervolo vadere" ("als Hirsch gehen") oder "cervulum facere" ("den Hirsch machen") gehandelt haben, einen Neujahrsbrauch, vielleicht ein Spiel mit Hirschmasken, vielleicht mit keltisch-römischer Wurzel. [vgl. 668] Beginn einer Variante der Zeitrechnung im Orient - nach Konsulatsjahren. Dieses Jahr ist das erste Jahr post consulatum Basilii. (Diese Erscheinung ist auf das früheste Mittelalter beschränkt.)

545 bis 549
Der walisische Kleriker Gildas beendet sein Werk "De Excidio et Conquestu Britanniae".

548
"In diesem Jahre war ein strenger und ungewöhnlich rauher Winter, so daß die Flüsse fest zufroren und das Volk über sie seinen Weg, wie über den festen Boden, nehmen konnte. Auch die Vögel wurden von Kälte und Hunger matt und ließen sich mit der Hand ohne alle Mühe fangen, da tiefer Schnee lag." [Gregor von Tours III. 37]

550 Ca.
In Mainz dämmt Bischof Sidonius den Rhein ein, die Voraussetzung für die Anlage eines Wik [Handelsplatz] vor der alten römischen Ostmauer. Verehrung heidnischer Gottheiten im Gebiet von Trier: "Ich begab mich alsdann in das Gebiet der Stadt Trier, und auf dem Berge, auf dem ihr jetzt seid, baute ich mir mit eigener Hand die Wohnung, die ihr seht. Ich fand hier damals ein Bild der Diana vor, das das abergläubische Volk abgöttisch verehrte. Ich errichtete mir auch eine Säule, auf der ich unter großen Schmerzen ohne alle Fußbekleidung stand. Wenn dann die Winterszeit kam, litt ich bei der eisigen Kälte dergestalt, daß mir von dem heftigen Frost öfters die Nägel an den Füßen abgingen und in meinem Bart das gefrorne Wasser wie Zapfen herunterhing." In jener Gegend soll nämlich der Winter häufig sehr strenge sein. Da ich ihn darauf dringend darum bat, mir zu sagen, was er gegessen und getrunken, und wie er die Götzenbilder auf jenem Berge umgestürzt habe, sagte er: "Zu Speise und Trank dienten mir Brot und Kohl und ein wenig Wasser. Wenn aber die Menge aus den benachbarten Höfen sich um mich sammelte, predigte ich unablässig, es sei Nichts mit der Diana, Nichts mit den Bildern, Nichts mit dem Götzendienst, den sie trieben, unwürdig auch seien jene Lieder, die sie beim Weine und ihren schwelgerischen Gelagen sangen, würdig sei es allein dem allmächtigen Gott, der Himmel und Erde gemacht hat, das Opfer des Dankes darzubringen. Ich betete auch zum öfteren, der Herr möchte das Götzenbild zerstören und dies Volk aus der Finsternis erretten. Es überwand endlich Gottes Barmherzigkeit ihren rohen Sinn, sie neigten ihr Ohr zu den Worten meines Mundes, verließen ihre Götzen und folgten dem Herrn. Da sammelte ich eine Zahl von ihnen um mich, und es gelang mir mit ihrer Hilfe jenes gewaltige Götzenbild, das ich mit eigner Kraft nicht zertrümmern konnte, zu stürzen. Denn die andren Bilder, die kleiner waren, hatte ich schon selbst in Stücke gehauen. Als nun die Menge zu dem Bilde der Diana herbeikam, legten sie Stricke um dasselbe und suchten es umzureißen, aber alle ihre Anstrengung war vergeblich. Da eilte ich nach der Kirche, warf mich zur Erde und flehte unter Tränen zu der Gnade Gottes, da menschliche Macht dies Bild nicht stürzen könnte, möchte die Kraft des Himmels selbst es vernichten. Und als ich nach dem Gebet die Kirche verließ und zu den Arbeitern kam, da stürzte, als wir eben den Strick erst ergriffen und zum erstenmal ihn anzogen, das Bild sofort auf die Erde. Wir zerschlugen es sodann mit eisernen Hämmern und zermalmten es zu Staub." [Gregor von Tours VIII, 15] Gemeint ist nicht die römische Diana, sondern wahrscheinlich die keltische Arduinna.

551
Jordanes' "De origine actibusque Getarum" vollendet.

552 Ca.
Tod von Jordanes. (Bischof in Unteritalien; "Geschichte der Goten") In diesem Jahr setzt Agathias' Fortsetzung von Prokop ein; sie reicht bis 559.

553
Teja, der letzte König der Ostgoten fällt in der Schlacht am Vesuv. Das italienische Ostgotenreich ist damit untergegangen, obwohl sich noch einige Reste bis 563 halten können.

555/560
Es stirbt Benedikt von Nursia. Die von ihm entwickelte Benediktinerregel für seine Mönchsgemeinschaft in Montecassino wird die (im Mittelalter) verbreitetste Schrift nach der Bibel werden. Danach besteht deas Ziel des Mönchtums in der Christusnachfolge. Das Kloster soll eine "Schule für den Dienst des Herrn" sein. Die wichtigsten Aufgaben: Zucht, Ordnung, Gehorsam, Enthaltsamkeit und Nächstenliebe. Ein Grundgesetz ist die "Beständigkeit in der Gemeinschaft". Die Mönche haben einen einen gemeinsamen Speisesaal (Reflektorium) und einen gemeinsamen Schlafsaal (Dormitorium); sie kommen täglich siebenmal zum gemeinsamen Gebet zusammen (von der Vigil um zwei Uhr nachts bis zur Vesper bei Abenddämmerung). Weil sich auch die Glocke nach diesem Rhythmus von etwa drei Stunden richtet, wird auch zunehmend das Leben außerhalb des Klosters davon beeinflußt. Die Zeit zwischen den Gebeten ist je nach Jahreszeit unterschiedlich lang (wie auch die Stunden!). Die Mönche wählen als Oberhaupt ihren Abt, der als ihr "Vater" und als Stellvertreter Christi fungiert. Dieser ernennt u.a. den Dekan, ursprünglich ein Aufseher über zehn Mönche, später Funktionsträger für innere Angelegenheiten, den Probst für äußere Angelegenheiten und den Cellerar für die Versorgung. Der Abt soll dabei aber auch den "Rat der Brüder" einholen. Dem Abt muß man auch dann gehorchen, wenn er selbst gegen die Bestimmungen handelt. Es folgen einige Streiflichter aus der Benediktinerregel: "Zwar lesen wir, Wein passe überhaupt nicht für Mönche, weil aber die Mönche heutzutage sich davon nicht überzeugen lassen, sollten wir uns wenigstens darauf einigen, nicht bis zum Übermaß zu trinken, sondern weniger. Denn der Wein bringt selbst weise Männer zu Fall." (40,6f.) "Wenn es die Ortsverhältnisse oder die Armut fordern, daß die Brüder die Feldfrüchte einmal selber einbringen, sollen sie deswegen nicht traurig sein." (48,7) "Alle Fremden, die kommen, sollen aufgenommen werden wie Christus." (53,1) "Sind Handwerker im Kloster, können sie in aller Demut ihre Tätigkeit ausüben, wenn der Abt es erlaubt. Wird aber einer von ihnen überheblich, weil er sich auf sein Können etwas einbildet und meint, er bringe dem Kloster etwas ein, werde ihm seine Arbeit genommen. Er darf sie erst wieder aufnehmen, wenn er Demut zeigt und der Abt es ihm von neuem erlaubt." (57,1 - 3)

557
Die Sachsen bedrohen Deutz. Erneuter Ausbruch der Pest; erst in Antiochia und Syrien, dann in Konstantinopel (wo es zusätzlich noch ein Erdbeben gibt), Ravenna, Istrien und Ligurien.

558 Ca.
"Auch die Stadt Tours selbst war schon im Jahr zuvor von einer Feuersbrunst eingeäschert worden, und alle Kirchen daselbst waren leer und öde geblieben. Danach wurde aber die Kirche des heiligen Martinus auf Anordnung König Chlothars mit Zinn gedeckt, und in demselben Glanz hergestellt, wie sie früher war. Damals erschienen auch zwei Heuschreckenschwärme, welche über Arvern und Limoges kamen, und, wie man erzählt, in die Ebene von Romagnac zogen, wo sie einen Kampf unter sich anstellten und hart zusammenstießen." [Gregor von Tours IV. 20]

563
Columban gründet in Iona ein Kloster; Beginn der irischen Mission bei den Angelsachsen.

564
Ein Papyrus aus Ravenna erwähnt die Aufbewahrung von Essig und Getreide in Fässern (statt Amphoren).

565
In Byzanz stirbt Kaiser Justinian. Bis 570: Aus dieser Zeit stammt die älteste erhaltene europäische Stickerei, nämlich auf einer Tunika aus dem Grab der Königin Arnegunde in Saint-Denis (Goldstickerei).

568
Die Langobarden verlassen Pannonien und besetzen Italien. Nach Pannonien (zwischen Theiß und Drau) strömen nun die Awaren.

570
Die Pest in Ostia, anschließend im Rhonetal, Auvergne und Berry. Aedán mac Gabráin, der König von Dal Riada (ungefähr in Schottland), läßt einen seiner Söhne auf den Namen Arthur taufen. (Dies zu den frühen Quellen der Artussage) Ca.: "Es trug sich aber in Gallien ein großes wunderbares Ereignis mit der Burg Tauredunum [beim Genfer See] zu. Sie lag über der Rhône auf einem Berge, und als man in diesem mehr denn sechzig Tage lang ein ungewöhnliches Getöse vernommen hatte, trennte und teilte er sich endlich von einem andren ihm nah gelegenen, und stürzte mit den Menschen, Kirchen, Schätzen und Häusern in den Fluß; und da hierdurch das Bett des Flusses gesperrt war, lief das Wasser stromaufwärts. Die Stelle war aber auf beiden Seiten von Bergen eingeschlossen, und durch die Schlucht zwischen denselben stürzte sich der Fluß. Indem er nun austrat, überschwemmte und verheerte er die oberen Gegenden am Ufer. Hierauf staute sich das Wasser hoch auf und floß dann wieder abwärts. Es überraschte auch hier die Bewohner, ehe sie es vermuteten, wie oberwärts, begrub sie in den Fluten, stürzte die Häuser um, ertränkte das Vieh und riß durch seinen gewaltigen und plötzlichen Andrang alles, was am Ufer war, bis nach der Stadt Genf hin fort und warf es zu Boden. Man erzählt, daß dort die Wassermasse so groß gewesen sei, daß sie in die Stadt über die Mauern strömte. Und dies ist nicht zu bezweifeln, da, wie wir erzählt haben, die Rhône an jenen Stellen in einer Bergschlucht fließt und zur Seite, wenn sie gesperrt wird, keinen Ausweg hat, und weil sie, als jener Berg sich gelöst hatte und einstürzte, ihn mit einem Mal durchbrach und so alles verheerte. Als dies geschehen war, kamen dreißig Mönche zu der Stelle, wo die Burg herabgestürzt war, und da sie den Boden durchgruben, der noch von dem eingesunkenen Berge zurückgeblieben war, stießen sie auf Erz und Eisen. Als sie noch bei der Arbeit beschäftigt waren, hörten sie abermals das Brausen im Berge, wie es früher gewesen war. Aus unsinniger Habsucht blieben sie aber; da stürzte auch jener Teil, der noch nicht herabgesunken war, über sie zusammen, verschüttete und tötete sie, und es ist nichts weiter von ihnen gefunden worden. Auf gleiche Weise gingen auch große Wunderzeichen der Pest in Arvern vorher und setzten jene Gegend in Schrecken. Denn häufig sah man um die Sonne einen drei- und vierfachen hellen Schein, den die gemeinen Leute auch Sonne nannten, und sagten: "Sehet, am Himmel sind drei oder vier Sonnen." Einmal aber, und zwar am 1. Oktober, war die Sonne so verfinstert, daß nicht einmal der vierte Teil derselben seinen Glanz behielt: schwarz und farblos sah sie aus, wie ein Sack. Ferner wurde auch ein Stern, den man Kometen nennt, mit einem Schweif, gleich wie ein Schwert, in dieser Gegend das ganze Jahr hindurch gesehen. Dann schien der Himmel zu brennen. Auch wurden noch viele andere Zeichen bemerkt. In der Hauptkirche zu Arvern löschte, als an einem Festtage die Frühmette gehalten wurde, eine Lerche, welche hineingeflogen war, alle Kerzen, die da brannten, mit ihren Flügeln mit solcher Schnelligkeit aus, daß man hätte glauben sollen, jemand habe sie alle in der Hand gehabt und in Wasser getaucht. Auch in der Sakristei wollte sie durch den Vorhang hineinfliegen und die Lampe auslöschen, aber sie wurde von den Türhütern daran gehindert und getötet. Ähnliches tat ein anderer Vogel mit den brennenden Kerzen in der Kirche des heiligen Andreas." [Gregor von Tours IV, 31]

571
"Als aber die Pest ausbrach, richtete sie eine solche Verheerung unter dem Volke in jener ganzen Gegend an, daß nicht einmal berechnet werden kann, wie viele Tausende daran umgekommen sind. Denn als es an Särgen und Brettern zu fehlen anfing, begrub man in einer Grube zehn und selbst mehr bei einander. Es wurden an einem Sonntage in der Kirche des heiligen Petrus allein dreihundert Leichen gezählt. Der Tod überfiel die Menschen ganz plötzlich. Nachdem sich in den Weichen oder unter der Achsel eine Geschwulst wie von einem Schlangenbiß gebildet hatte, wurde der Mensch von dem Gifte derselben so schnell ergriffen, daß er schon am zweiten oder dritten Tage den letzten Atem aushauchte. Auch die Besinnung raubte die Kraft jenes Giftes dem Menschen. (...) Damals wurden auch Lyon, Bourges, Châlons und Dijon durch diese Seuche sehr entvölkert." [Gregor von Tours IV, 31]

576
Das Konzil von Tours verdammt den julianischen Jahresanfang am 1. Januar als heidnisch. Der 1. Januar ist das ganze Mittelalter hindurch oft entgegen abweichender offizieller Termine der volkstümliche Jahresanfang.

580
"Im fünften Jahre der Regierung König Childeberts bedrängten große Überschwemmungen die Gegend von Arvern. Zwölf Tage hörte es nicht auf zu regnen, und die Limagne wurde von einer solchen Wassermasse überflutet, daß sie Viele an der Aussaat hinderte. Die Loire, der Allier und die andren Bergströme, welche sich in die Loire ergießen, schwollen so an, daß sie weiter, als jemals zuvor, über ihre Ufer austraten, großen Schaden unter den Viehherden, bedeutenden Verlust an bestellten Äckern und Verheerungen an den Gebäuden anrichteten. Auf gleiche Weise trat auch die Rhône mit der Saône aus ihren Ufern aus, richtete großen Schaden den Anwohnern an und unterwühlte zum Teil die Mauern von Lyon. Als aber die Regengüsse nachließen, fingen die Bäume noch im Monat September von Neuem an zu blühen. Im Gebiet von Tours sah man in diesem Jahre in der Frühe, ehe noch das Tageslicht anbrach, einen feurigen Schein, der sich über den Himmel fortzog und nach der östlichen Seite hin verschwand. Auch hörte man ein Krachen, gleichwie von einem fallenden Baume, durch das ganze Land. Es konnte aber deshalb nicht von einem Baume herrühren, weil es weiter als fünfzig Meilen gehört wurde. In demselben Jahre wurde die Stadt Bordeaux schwer von einem Erdbeben mitgenommen, und die Mauern der Stadt drohten einzustürzen. Die ganze Einwohnerschaft schwebte in solcher Todesfurcht, daß sie meinten, wenn sie nicht flöhen, würden sie Alle mit der Stadt von der Erde verschlungen werden. Deshalb wanderten Viele nach andren Städten aus. Das Erdbeben erstreckte sich auch nach den benachbarten Städten und reichte bis nach Spanien, aber nicht in derselben Stärke. In den Pyrenäen lösten sich gewaltige Felsstücke los und erschlugen Menschen und Vieh. Viele Ortschaften in dem Gebiete von Bordeaux äscherte eine Feuersbrunst ein, die durch göttliche Schickung entstanden zu sein scheint. Die Häuser, wie die Scheunen mit der Ernte wurden plötzlich vom Feuer ergriffen und durch den Brand völlig zerstört. Da das Feuer durchaus keinen Anlaß von anderer Seite hatte, brach es wahrscheinlich nach einer himmlischen Fügung aus. Auch die Stadt Orleans wurde von einer großen Feuersbrunst verheert, so sehr, daß selbst den Reicheren durchaus Nichts übrig blieb, und wenn ja Einer etwas aus den Flammen rettete, lauerten ihm die Diebe auf und nahmen es ihm. In dem Gebiet von Chartres floß wirkliches und wahrhaftiges Blut aus den gebrochenen Broten. Die Stadt Bourges wurde von einem starken Hagelschlag heimgesucht. 34. Von der Ruhr und dem Tode von Chilperichs Söhnen. (35.) Auf diese wunderbaren Ereignisse folgte eine sehr schwere Seuche. Denn als die Könige schon wieder haderten und sich abermals zum Bürgerkriege rüsteten, breitete sich eine ansteckende Ruhr fast durch alle gallischen Länder aus. Es hatten aber, die daran litten, unter Erbrechen heftiges Fieber und einen gewaltigen Nierenschmerz, auch Kopf und Genick war ihnen schwer, und der Auswurf war von gelber oder mindestens grüner Farbe. Die gemeinen Leute nannten die Krankheit innere Blattern, und dies ist nicht ganz ungereimt, denn wenn an den Schultern oder Schenkeln Schröpfköpfe gesetzt wurden, kamen Blasen heraus und brachen auf, und durch das Auslaufen des Eiters wurden Viele geheilt. Aber auch Kräuter, die man sonst als Gegengift braucht, halfen als Trank eingegeben sehr Vielen. Und zuerst befiel diese Krankheit, die im Monat August ausbrach, die Kinder und raffte sie fort. Auch wir verloren die süßen, teuren Kleinen, die wir auf unsrem Schoß gehegt, in unsren Armen gewiegt, denen wir mit eigener Hand Speise gereicht und sie mit ängstlicher Sorge genährt hatten, aber wir trockneten unsere Tränen und sprachen mit dem heiligen Hiob: "Der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen, der Name des Herrn sei gelobet." [Gregor von Tours V, 33 - 34] "Dem Bischof Eunius, den wir vorher als Gesandten der Britannen erwähnt haben, wurde nicht erlaubt, nach seiner Stadt zurückzukehren, sondern es erging ein Befehl vom Könige, er solle zu Angers auf öffentliche Kosten erhalten werden. Als er aber nach Paris kam und an einem Sonntage den heiligen Gottesdienst hielt, stürzte er unter lautem Schreien und Schnauben zu Boden. Und da ihm das Blut aus Mund und Nase drang, wurde er aufgehoben und davongetragen, doch genas er bald wieder. Er war nämlich über die Maßen dem Weine ergeben und berauschte sich oft so sehr, daß er keinen Schritt tun konnte." [Gregor von Tours V. 40] "Zu derselben Zeit kam zu Poitiers ein Wolf aus den Wäldern in das Tor der Stadt, man schloß die Tore, jagte auf ihn innerhalb der Stadtmauern und tötete ihn. - Einige behaupteten, sie hätten den Himmel in Flammen gesehen. - Die Loire war noch höher als im vorigen Jahre, nachdem sich das Wasser des Cher in sie ergossen hatte. - Ein Südorkan stürmte mit solcher Gewalt einher, daß er Wälder niederstreckte, Häuser zu Boden warf, Zäune ausriß und selbst Menschen so packte und herumschleuderte, daß sie umkamen. Er stürmte einher in einer Breite von etwa sieben Morgen, wie weit er sich ausdehnte, war nicht zu berechnen. - Auch krähten die Hähne oft bei Einbruch der Nacht. - Der Mond verfinsterte sich und es erschien ein Komet. Es brach darauf eine schwere Seuche unter dem Volke aus." [Gregor von Tours V. 42] Erste Erwähnung von Toledo als Hauptstadt der Westgoten.

581
Das Kloster Monte Cassino wird von den Langobarden zerstört. Die Mönche fliehen nach Rom (oder bereits 577). Die Originalhandschrift der Benediktinerregel gelangt nach Rom (bis ca. 750).

582
"Im siebenten Jahre der Regierung König Childeberts, das ist im einundzwanzigsten Chilperichs und Gunthramms, regnete, blitzte und donnerte es im Monat Januar gar gewaltig. Auch sah man Blüten an den Bäumen. Und es wurde ein Stern, den man, wie ich schon früher gesagt habe, Komet nennt, sichtbar. Rings um ihn war Alles dunkel, gleich wie aus einer Spalte hervorbrechend, strahlte er funkelnd und Strahlen schießend durch die Finsternis. Und es ging von ihm ein Schweif von auffallender Größe aus, der von fern wie eine starke Rauchwolke von einer Feuersbrunst aussah. Man sah den Stern im Abend um die erste Stunde der Nacht. - Am heiligen Ostertage sah man zu Soissons hell den Himmel leuchten, so daß es den Anschein gewährte, als seien es zwei Feuer, das eine größer, das andere kleiner. Nach Verlauf zweier Stunden verbanden sie sich alsdann, bildeten eine große Feuerkrone und verschwanden. - Im Gebiete von Paris träufelte wirkliches Blut aus einer Wolke und fiel vielen Leuten auf den Anzug, den es so befleckte, daß sie vor Abscheu ihre eigenen Kleider nicht mehr tragen mochten. Diese wunderbare Erscheinung wurde an drei Orten im Gebiet jener Stadt bemerkt. Im Gebiete von Senlis fand ein Mann, als er am Morgen aufstand, sein Haus im Innern mit Blut bespritzt. Es war auch eine große Seuche in diesem Jahre unter dem Volke. Verschiedene Krankheiten, Frieseln, Blattern und Ausschlag wurden für eine große Zahl Menschen tödlich. Von denen aber, die sich in Acht nahmen, kamen Viele davon. Wir hörten auch, daß zu Narbonne in diesem Jahre stark die Drüsenpest wütete, so daß, wenn Jemand von ihr ergriffen wurde, es sogleich mit ihm vorbei war." [Gregor von Tours VI, 14] "In demselben Jahre zeigten sich abermals manche Wunderzeichen. Eine Mondfinsternis trat ein; im Gebiete von Tours floß wirkliches Blut aus einem gebrochenen Brote; die Mauern der Stadt Soissons sanken ein; in der Stadt Angers war ein Erdbeben; in die Mauern der Stadt Bordeaux kamen Wölfe, zerrissen Hunde und zeigten nicht einmal vor den Menschen Furcht; über den Himmel sah man einen feurigen Glanz sich hinziehen. Auch wurde die Stadt Bazas von einer Feuersbrunst heimgesucht und die Kirchen selbst und die Kirchenhäuser zerstört. Die Kirchengeräte wurden jedoch, wie ich gehört habe, vollständig gerettet." [Gregor von Tours VI, 21]

583
Es stirbt Cassiodor (96). "Im achten Jahre König Childeberts senkte sich zu Tours am 31. Januar, einem Sonntage, als gerade zur Frühmette geläutet war und das Volk aufstand und zur Kirche kam, bei bewölktem Himmel unter Regen eine große Feuerkugel vom Himmel und durchlief einen großen Raum in der Luft. Sie verbreitete ein solches Licht, daß man alles deutlich wie am Mittage erkennen konnte. Dann trat sie hinter eine Wolke, und es entstand tiefes Dunkel. Die Gewässer schwollen ungewöhnlich an, und die Seine und Marne traten bei Paris dergestalt aus, daß zwischen der Stadt und der Kirche des heiligen Laurentius mancher Schiffbruch litt." [Gregor von Tours VI, 25]

584
"Es kehrten Gesandte König Chilperichs aus Spanien heim und erzählten, daß die Carpitanische Provinz schrecklich von Heuschrecken verwüstet sei, kein Baum, kein Weinstock, kein Busch, keine Feldfrucht, nichts Grünes sei übrig geblieben, das die Heuschrecken nicht zu Grunde gerichtet hatten. Sie meldeten auch, daß die Feindschaft, welche zwischen Leuvigild und seinem Sohne ausgebrochen war, noch sehr im Wachsen sei. Auch verödeten viele Gegenden dort durch die Pest, welche besonders zu Narbonne ungewöhnlich stark wütete und zwar schon im dritten Jahre, nachdem sie zuerst aufgetreten war, und als sie schon so weit beseitigt schien, daß die Leute von der Flucht zurückkehrten. Sie wurden nun aber zum zweiten Mal von der Krankheit heimgesucht. Auch die Stadt Albi litt sehr durch diese Seuche. In diesen Tagen wurden nach Norden um Mitternacht viele Strahlen sichtbar, die in sehr hellem Glanze leuchteten, sich näherten und dann wiederum trennten, bis sie verschwanden. Auch glänzte der ganze Himmel dabei gegen Norden so hell, daß man hätte glauben sollen, die Morgenröte breche an." [Gregor von Tours VI, 33] "Die Heuschrecken zogen in diesem Jahre aus der Carpitanischen Provinz, welche sie fünf Jahre verwüstet hatten, auf der großen Heerstraße weiter in eine andre Provinz. Sie nahmen der Länge nach einen Raum von 50 Meilen, der Breite nach von 100 Meilen ein. In Gallien waren in diesem Jahre viele merkwürdige Erscheinungen, und es kamen schwere Zeiten über das Volk. Im Monat Januar blühten die Rosen, und um die Sonne sah man einen großen Ring, in allerlei Farben spielend, wie er sich beim Regen in dem Regenbogen am Himmel zu zeigen pflegt. Der Reif that den Weinbergen großen Schaden. Dann trat ein Hagelwetter ein, daß die Weinberge und Saatfelder an sehr vielen Orten verheerte. Was der Hagel verschont hatte, kam durch die ungeheure Dürre um. Der Ertrag der Weinberge war sehr gering, in vielen fehlte er ganz, so daß die Menschen, mit Gott hadernd, die Türen der Weinberge öffneten und die Herden hineintrieben. Die Verblendeten wünschten sich selbst das Unheil herbei und sprachen: "Niemals soll in alle Ewigkeit in diesen Weinbergen wieder eine Rebe wachsen." Die Obstbäume brachten dagegen, nachdem sie schon im Monat Juli getragen hatten, im Monat September abermals Früchte. Wiederholt griff damals auch die Viehseuche um sich, so daß kaum ein Stück übrig blieb." [Gregor von Tours VI, 44] "Es war im Monat Dezember, als sich dieses zutrug, und damals zeigten sich in den Weinbergen an den Reben neue Schößlinge mit mißgestalteten Trauben, wie Blüten an den Bäumen; auch zog sich ein großer Feuerglanz am Himmel entlang, der vor Anbruch des Tageslichts weithin die Welt erhellte. Es erschienen am Himmel ferner Lichtstrahlen, nach Norden wurde zwei Stunden lang eine feurige Säule gesehen, die vom Himmel gleichsam herabhing, und über ihr war ein großer Stern. Im Gebiet von Angers war ein Erdbeben, und noch viele andere wunderbare Erscheinungen wurden bemerkt, die, wie ich glaube, Gundovalds Tod verkündeten." [Gregor von Tours VII, 11] "In dem gegenwärtigen Jahre kam ein Jude, mit Namen Armentarius, mit einem Glaubensgenossen und zwei Christen nach Tours, um Schuldverschreibungen geltend zu machen, welche ihm Injuriosus, der vordem Untergraf (vicarius) war, und der frühere Graf Eunomius über die öffentlichen Abgaben ausgestellt hatten. Als er sie mahnte, erhielt er nicht nur das Versprechen, sie würden das geliehene Geld mit den Zinsen ihm zahlen, sondern sie sagten überdies zu ihm: "Wenn du in unser Haus kommen willst, werden wir dir auszahlen, was wir dir schuldig sind, und dich überdies mit Geschenken beehren, wie es billig ist." Er machte sich auch auf den Weg, ward bei Injuriosus aufgenommen und zum Mahle eingeladen. Als das Gelage zu Ende war und die Nacht einbrach, machten sie sich auf und zogen von diesem Orte fort nach einem andren. Da, erzählt man, wurden die Juden samt den beiden Christen von den Leuten des Injuriosus getötet und in einen Brunnen, der nahe bei dem Hause war, geworfen. Als ihre Verwandten aber hörten, was vorgegangen war, kamen sie nach Tours, und da ihnen von gewissen Leuten Spuren nachgewiesen wurden, fanden sie den Brunnen und zogen die Leichen jener Männer heraus. Injuriosus leugnete jedoch hartnäckig, daß er in dieser Sache irgend eine Schuld trage. Später kam er vor Gericht, da er aber beharrlich, wie schon gesagt, alles leugnete, und sie nicht wußten, wie sie ihn überführen sollten, fiel das Urteil dahinaus, er solle sich durch einen Eid reinigen. Aber auch hierbei beruhigten sie sich nicht, sondern beriefen sich auf das Gericht König Childeberts selbst. Es konnten jedoch weder das Geld noch die Schuldverschreibungen des ermordeten Juden aufgefunden werden. Es verlautete damals, daß auch der Tribun Medard bei diesem Verbrechen beteiligt gewesen sei, denn auch er hätte von dem Juden Geld geliehen. Injuriosus stellte sich vor König Childebert am Landtage und wartete drei Tage lang bis Sonnenuntergang. Da aber jene nicht kamen und wegen dieser Sache auch von keinem Andren die Klage erhoben wurde, kehrte er nach Hause zurück." [Gregor von Tours VII, 23]

585
"Damals wurde auch ein Riese zum Könige gebracht, der zu Mummolus Dienstleuten gehört hatte und so groß war, daß er, wie man meinte, zwei bis drei Fuß die längsten Menschen überragte. Er war ein Zimmermann und starb bald darauf." [Gregor von Tours VII, 41] "In diesem Jahre kam eine große Hungersnot fast über ganz Gallien. Und sehr viele buken aus Traubenkernen und Haselblüten Brot, Manche auch aus getrockneten und zu Staub geriebenen Wurzeln des Farnkrauts, denen sie etwas Mehl beimischten. Viele schnitten die grüne Saat ab und gebrauchten sie auf ähnliche Weise. Es gab ferner solche, die, da sie gar kein Mehl mehr hatten, allerhand Kräuter ausrissen und aßen; von dem Genuß derselben schwollen sie aber und starben. Eine große Zahl siechte damals aus Mangel dahin und kam um. Zu jener Zeit zogen die Kaufleute das Volk gewaltig aus, da sie den Scheffel Getreide oder vier Quart Wein kaum für ein Drittelstück verkauften. Arme Leute gingen in Dienst, um nur ein wenig Nahrung zu erhalten." [Gregor von Tours VII, 45] "Man sah dazumal wunderbare Zeichen, nämlich Feuerstrahlen am nördlichen Himmel, wie sie sich öfters zu zeigen pflegen. Auch sah man einen Blitzstrahl über den Himmel hinziehn, und an den Bäumen bemerkte man Blüten. Es war aber im Monat Juli." [Gregor von Tours VIII, 8] Oktober: Wunderzeichen am Himmel in der Gegend von Trier: "Als wir daselbst uns aufhielten, sahen wir in zwei Nächten Zeichen am Himmel, nämlich Strahlen nach der Nordseite, die so hell glänzten, wie wir sie früher niemals bemerkt zu haben meinten, und von zwei Seiten, von Ost und West, wurden blutige Wolken sichtbar. Auch in der dritten Nacht ungefähr um die zweite Stunde erschienen diese Strahlen. Und während wir sie noch verwundert betrachteten, erhoben sich von allen vier Weltgegenden gleiche Strahlen, und wir sahen den ganzen Himmel von ihnen bedeckt. In der Mitte des Himmels war eine glänzende Wolke, in der sammelten sich die Strahlen wie bei einem Zelt, dessen Streifen unten breiter anfangen, nach oben schmaler werden und sich in einer Spitze sammeln. In der Mitte der Strahlen aber waren noch andre Wolken, die gewaltig blitzten und leuchteten. Diese Zeichen versetzten uns in große Furcht. Denn wir erwarteten, daß irgend eine Plage vom Himmel über uns gesandt werden würde." [Gregor von Tours VIII, 17] Möglicherweise handelt sich bei den vielen von Gregor beschriebenen Lichterscheinungen um Nordlicht. "In diesem Jahre waren starke Regengüsse, und die Flüsse schwollen so gewaltig an, daß häufig Schiffbrüche auf ihnen vorkamen. Sie traten auch über die Ufer, überschwemmten die Saaten und Wiesen in der Nähe und richteten großen Schaden an. Die Frühlings- und Sommermonate waren so feucht, daß man eher glaubte, es sei Winter als Sommer. 24. Von zwei Inseln im Meere. Zwei Inseln im Meere wurden in diesem Jahre durch Feuer vom Himmel zerstört, sieben Tage wurden sie, mit den Menschen und Tieren auf ihnen, vom Brande heimgesucht. Die zum Meere flohen und sich in das Wasser stürzten, kamen gleich in den Wellen um, wo sie hineinsprangen; schlimmer starben die Anderen in den Flammen, wenn sie nicht sogleich ihren Atem aushauchten. Nachdem Alles zu Asche gebrannt war, überflutete das Meer die Inseln. Viele meinten, jene Erscheinungen, die wir, wie erzählt, im Oktober sahen - wo es war, als ob der Himmel brenne - hatten vom Wiederscheine dieses Brandes hergerührt. 25. Von einer Insel, auf der sich Blut zeigte. Auf einer andern Insel, die ganz nahe bei der Stadt Cannes liegt, war ein großer und fischreicher Teich, dessen Wasser verwandelte sich eine Elle tief in Blut, und eine unzählige Menge von Hunden und Vögeln sammelte sich viele Tage lang dort, leckte dies Blut und ging am Abend gesättigt fort." [Gregor von Tours VIII, 23 - 25]
Ca.: Zwischen Sichar und Austregisil, zwei Adligen aus Tours, erhebt sich anläßlich eines weihnachtlichen Festgelages ein Streit, in dem Austregisil samt Vater und Bruder erschlagen wird. Nach einer mehrteiligen Rachefehde gelingt es Bischof Gregor von Tours, einen Friedensvertrag zu stiften: Chramnesind (der überlebende Bruder Austregisils) und Sichar verkehren miteinander in caritas (Mahl- und Schlafgemeinschaft) wie Schwurbrüder. Bei einem Gelage Chramnesinds jedoch führt Sichar Reizreden: "Großen Dank, herzlieber Bruder, habe ich von dir dafür verdient, daß ich deine Verwandten erschlagen habe; denn du hast das Wehrgeld für sie empfangen, und nun ist in deinem Hause Gold und Silber die Fülle; arm aber und dürftig würdest du jetzt leben, hätte dies dich nicht etwas zu Kräften gebracht." Chramnesind verpflichtet sich zur Rache: "Wenn ich den Tod meiner Verwandten nicht räche, so verdiene ich nicht ferner ein Mann zu heißen, ein feiges Weib muß man mich nennen." Er spaltet Sichar mit dem Schwert den Kopf. (nach Gregor von Tours, VII, 47; IX, 19)

587
"Es geschahen damals viele Wunderzeichen. In den Häusern vieler Personen fand man die Gefäße mit gewissen Zeichen bemalt, und man konnte diese auf keine Weise weder auskratzen noch wegwischen. Diese Erscheinung zeigte sich zuerst in dem Gebiet der Stadt Chartres und verbreitete sich dann durch das Gebiet von Orleans bis nach dem von Bordeaux, es gab keine Stadt auf diesem Wege, wo man sie nicht bemerkte. In den Weinbergen sah man im Oktober, als die Weinlese bereits vorüber war, neue Rebschösse mit mißgestalteten Trauben. Auch bemerkte man an manchen Bäumen neues Laub und neue Früchte. Am nördlichen Himmel erschienen Lichtstrahlen. Manche wollten auch Schlangen aus einer Wolke haben fallen sehen. Andere behaupteten, ein ganzer Hof sei mit seinen Häusern und Einwohnern plötzlich untergegangen und verschwunden. Noch viele andere Zeichen traten ein, die den Tod des Königs oder eine Landplage zu verkünden pflegen. Es gab in jenem Jahre eine spärliche Weinernte, großes Wasser, unendlich viel Regen, und die Flüsse schwollen gewaltig an." [Gregor von Tours IX, 5] Es stirbt die hl. Radegunde, eine aus Thüringen stammende merowingischeKönigin. Sie hat in Poitiers ein Nonnenkloster (Sainte Croix) gegründet, welches schnell Zulauf findet.

588
"In diesem Jahre gab es im Frühling starke Regengüsse, und als die Bäume und Weinberge schon grünten, fiel so viel Schnee, daß er Alles bedeckte. Auch später trat noch Frost ein, es erfroren die Reben in den Weinbergen, wie auch die übrigen Früchte, die bereits angesetzt hatten. So groß war die Kälte, daß sogar die Schwalben und die Vögel, die aus fremden Gegenden kamen, bei dem starken Froste starben. Auch das war wunderbar, daß, wo sonst der Frost niemals Schaden angerichtet hatte, er damals Alles zu Grunde richtete, und gerade da nicht hinkam, wo er sonst Verheerungen verursachte." [Gregor von Tours, IX, 17] "Da ich oben erzählt habe, daß die Stadt Marseille damals von einer sehr schlimmen Krankheit heimgesucht wurde, so will ich doch ausführlicher erzählen, wie schwere Leiden sie erduldete. Es war gerade in jenen Tagen Bischof Theodorus zum König gereist um ihm Einiges gegen den Patricius Nicetius mitzuteilen. Da er aber bei König Childebert in dieser Sache kein Gehör fand, beschloß er in seine Heimat zurückzukehren. Inzwischen war ein Schiff aus Spanien im Hafen von Marseille mit Waren eingelaufen und hatte trauriger Weise den ansteckenden Stoff dieser Krankheit mit sich gebracht. Nachdem schon viele Bürger Verschiedenes von dem Schiffe gekauft hatten, brach plötzlich in einem Hause, das von acht Seelen bewohnt war, die Krankheit aus, die Bewohner wurden von derselben hingerafft, und das Haus starb ganz aus. Doch verbreitete sich die verzehrende Seuche nicht sofort über die ganze Stadt, sondern erst nach einiger Zeit erfaßte sie dieselbe, gleichwie ein Feuer, das in die Saat geworfen wird. Dennoch kehrte der Bischof nach der Stadt zurück, er hielt sich mit den Wenigen, die damals mit ihm ausharrten, in den Mauern der Kirche des heiligen Victor auf und flehte dort, so lange die Pest in der Stadt wütete, unablässig im Beten und Wachen, die Barmherzigkeit Gottes an, doch endlich das Verderben ein Ende nehmen und das Volk in Ruhe und Frieden leben zu lassen. - Als dann diese Plage schon zwei Monate aufgehört hatte und das Volk sorglos zur Stadt zurückkehrte, brach die Krankheit abermals aus, und es starben jetzt die, welche zurückgekehrt waren. Die Stadt wurde auch in der Folge noch vielfach von diesem verheerenden Übel heimgesucht." [Gregor von Tours IX, 22]

589
Im Nonnenkloster Sainte Croix in Poitiers (siehe 587) kommt es zu einem Aufstand der Nonnen, angeführt von Chrodechilde, einer Tochter des merowingischen Königs Charibert und ihrer Kusine Basina, einer Tochter des Königs Chilperich. "Im Vertrauen auf ihre königlichen Verwandten nahm sie (Chrodechilde) den Nonnen einen Eid ab, daß sie der Äbtissin Leubowera Verbrechen vorwerfen, sie aus dem Kloster entfernen und statt dessen sie selbst zum Haupt desselben einsetzen wollten." (Gregor von Tours IX, 39] Sie verläßt mit 40 Nonnen das Kloster, um ihre Ziele am Königshof durchzusetzen. "Königstöchter sind wir und kehren nicht eher in das Kloster zurück, bis die Äbtissin fortgeschafft ist." (Gregor, daselbst) Bischof Gregor von Tours (der Berichterstatter), wohl ihre erste Anlaufstelle, versucht sie von ihrem Vorhaben abzubringen und die Anklagen vor dem zuständigen Ortsbischof zu verhandeln. König Guntchramn verspricht, eine Bischofsversammlung einzuberufen, eine Maßnahme, die sich verzögert. Nun verschanzen sich die Nonnen, zusammen mit "einer Schar von Dieben, Mördern und Ehebrechern" in der Hilariuskirche zu Poitiers und rüsten sich zum Widerstand; einige Nonnen sollen zwischenzeitlich sogar geheiratet haben. Als der Erzbischof von Bordeaux mit den Bischöfen seiner Kirchenprovinz die Rebellen zur vernunft bringen will, werden die Kleriker in der Hilariuskirche verprügelt, "daß die Bischöfe zu Boden sanken und sich kaum wieder erheben konnten; aber auch die Diakonen und anderen Geistlichen liefen mit Blut bespritzt und mit zerschlagenen Köpfen aus der Kirche." [Gregor, S. 306f.] Chrodechilde bemächtigt sich des gesamten Klosterbesitzes. Am Ende bricht man mit Gewalt in das Kloster ein, um die Äbtissin fortzuschleppen, doch kann sie durch Zufall diesem Anschlag entgehen. "Wer könnte wohl jemals alle die Greuel und Mordtaten und alle die Übel, die jemals geschahen, in Worte fassen, da kaum ein Tag ohne Totschlag, kaum eine Stunde ohne Händel, kaum ein Augenblick ohne Tränen verging?" [Gregor, S. 362f.] Eine neue Bischofsversammlung weigert sich, diesen Ort zu betreten, solange die weltlichen Amtsträger nicht für Ruhe gesorgt hätten. Dem Grafen gegenüber droht Chrodehilde erneut mit ihrem Rang: "Braucht, ich bitte euch, keine Gewalt gegen mich, die ich eine Königin bin, eines Königs Tochter und die Base eines anderen Königs, ...es könnte sonst eine Zeit kommen, da ich mich an euch räche." [Gregor, S. 362f.] Schließlich wird der Aufstand unterdrückt und die Bischöfe sitzen zu Gericht. Punkt für Punkt wird den Anklagen gegen Leubowera nachgegangen: Sie soll einen Mann in Frauenkleidern ins Kloster eingeschmuggelt haben, sich die Zeit mit Brettspielen vertrieben haben, ihrer Nichte ein Kleid aus Altarstoff machen lassen und Laien zum Mahl ins Kloster eingeladen haben. Sie kann diese Vorwürfe entkräften und bekommt nur eine Buße wegen kleinerer Vergehen auferlegt. Interessant dabei ist, daß zunächst nicht Chrodechilde angeklagt wird, sondern daß die Äbtissin sich rechtfertigen muß. Erst danach wird die Sache der Aufständischen geprüft - sie müssen lediglich ihre Untaten wiedergutmachen und die Äbtissin um Verzeihung bitten. Erst als sie sich weigern, werden sie - bis zur fälligen Buße - aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen. Chrodechilde wiederholt ihre Anschuldigungen vergeblich noch einmal vor dem König. "In diesem Jahre ergoß sich nach Ostern ein so gewaltiger Regen, mit Hagel untermischt, daß zwei bis drei Stunden lang sogar in den kleineren Flußtälern ungeheure Ströme zu fließen schienen. Die Bäume blühten im Herbste und trugen noch einmal Früchte, nachdem sie schon früher getragen hatten. Im November sah man Rosen. Die Flüsse schwollen über die Maßen an, traten über die Ufer, überschwemmten Stellen, die sie sonst niemals erreicht hatten, und fügten einen nicht geringen Schaden den Saaten zu." [Gregor von Tours IX, 44] Ca.: Die Etsch tritt über die Ufer und überschwemmt die Tiefebene bei Verona. Ehe sie weiter östlich einen neuen Lauf findet, überflutet sie das gesamte Gebiet, das bei Ostiglia von Legnago zum Po hinunter abfällt.

590
"In diesem Jahre leuchtete über das Land bei Nachtzeit ein so heller Schein, daß man hätte glauben mögen, es sei Mittag; auch sah man bei nächtlicher Weile öfters feurige Kugeln über den Himmel hinziehen und die Welt erleuchten. Wegen der richtigen Feier des Osterfestes war man in Zweifel, da Victorius in seiner Ostertafel angibt, Ostern falle auf den fünfzehnten Tag nach Neumond, jedoch, damit die Christen nicht mit den Juden zusammen an diesem Tage das Fest feierten, hinzusetzt: "die Lateiner feiern es am zweiundzwanzigsten Tage." Deshalb begingen Viele in Gallien das Fest am fünfzehnten Tage nach dem Neumond, wir aber am zweiundzwanzigsten Tage. Wir hatten aber dies genau überlegt, und in der Tat füllten sich die Quellen in Spanien, die durch ein Wunder um Ostern voll sind, an dem Tage, an dem wir das Fest feierten. Am 14. Junius war ein großes Erdbeben, an einem Mittwoche ganz in der Frühe, als eben das Tageslicht angebrochen hatte. In der Mitte des Monats Oktober verfinsterte sich die Sonne, und ihr Licht nahm so ab, daß sie kaum so groß blieb, wie die Mondsichel am fünften Tage nach dem Neumond. Es fiel viel Regen, im Herbst gab es heftige Gewitter, und das Wasser stieg sehr hoch. Die Städte Viviers und Avignon wurden von der Drüsenpest schwer heimgesucht." [Gregor von Tours X, 23] Zweikampf statt Schlacht (aus Childeberts Italienzug): "Am Ufer dieses Sees [bei Mailand], hörte man, lägen die Langobarden. Und als man sich demselben näherte, rief, ehe man noch den Fluß, von dem soeben die Rede war, überschritten hatte, ein Langobarde, der mit Panzer und Helm gewappnet und mit einem Speer in der Faust am Ufer stand, dem Frankenheere zu: "Heute soll sich zeigen, wem die Gottheit den Sieg verleihen will." Woraus ersichtlich ist, daß die Langobarden es auf ein Gottesurteil durch einen Zweikampf ankommen lassen wollten. Darauf gingen Einige über den Fluß, ließen sich mit diesem Langobarden in einen Kampf ein und hieben ihn nieder. Siehe, da zog das ganze Heer der Langobarden vorüber und wandte sich zur Flucht. Alsdann gingen auch die Andren über den Fluß, aber sie fanden Niemand von den Feinden mehr..." [Gregor von Tours X. 3] "Im fünfzehnten Jahre König Childeberts kam ein Diakon, den wir nach Rom gesandt, von dort mit Reliquien der Heiligen zurück und erzählte, daß im November des Jahres zuvor der Tiberfluß ausgetreten sei und die Stadt Rom dermaßen überschwemmt habe, daß manche Tempel aus dem Altertum einstürzten und die Vorratshäuser der Kirche zerstört wurden, in denen einige tausend Scheffel Weizen zu Grunde gingen. Auch schwammen eine Menge von Schlangen, nebst einem Drachen, der so dick wie ein starker Balken war, längst des Flußbettes zum Meere herab, aber in dem Salzwasser des stürmischen Meeres kamen die Tiere um und wurden an das Gestade ausgeworfen. Hierauf zeigte sich alsbald die Drüsenpest. Und zwar brach sie in der Mitte des Januars aus und befiel zuerst, nach den Worten, die man im Propheten Hesekiel liest: "Fanget aber an an meinem Heiligtume", den Papst Pelagius, und er starb sofort, nachdem ihn die Krankheit ergriffen hatte. Nach seinem Tode unterlagen noch sehr viele aus dem Volke der Pest. Da aber die Kirche Gottes nicht ohne einen Führer sein kann, wählte das gesamte Volk den Diakon Gregorius zum Papste." [Gregor von Tours X. 1] Columbans Mission auf dem Festland führt zur Gründung von Annegray, Luxeuil und Fontaines. Ca.: Slawen wandern nach Kärnten ein.

591
"In Gallien suchte die oftgenannte Seuche die Provence von Marseille heim. Die Gebiete von Angers, Nantes und Mans litten unter einer großen Hungersnot. Und dies ist der Anfang der großen Trübsal, wie der Herr im Evangelium sagt: "Es werden sein Pestilenz und teuere Zeit und Erdbeben hin und wieder, und es werden sich erheben falsche Christi und falsche Propheten, die Zeichen und Wunder tun, daß sie auch die Auserwählten verführen" wie solches alles in dieser Zeit geschehen ist. Ein Mann nämlich aus dem Gebiet von Bourges ging eines Tages in den Wald, um Holz zu einem notwendigen Bau zu fällen, dort überfiel ihn, wie er dies später selbst gestand, ein Fliegenschwarm, und zwei Jahre lang blieb er in Folge dessen seiner Sinne beraubt. Hieraus erkennt man schon sonnenklar, daß alles eine arglistige Veranstaltung des Teufels war. Danach aber zog dieser Mann durch die benachbarten Städte und kam bis in die Provence von Arles. Hier kleidete er sich in Felle, betete wie ein auserwählter Frommer, und um ihn zu verführen verlieh ihm der Widersacher sogar die Gabe der Wahrsagung. Darauf brach er, auf daß er noch greulichere Sünden beginge, von dort auf und kam in das Gebiet der Stadt Javols, gab vor, er sei etwas Großes, und scheute sich nicht, sich für Christus selbst auszugeben. Er hatte aber bei sich ein Weib, gleichwie seine Schwester, die ließ er Maria nennen. Und es strömte ihm eine große Menge Volks zu und brachten die Kranken herbei, die er berührte und gesund machte. Es trugen ihm die, so ihm zuliefen, auch Gold, Silber und Kleider zu, er schenkte aber alles den Armen, auf daß er noch mehr die Menge verführte, warf sich auf den Boden und betete inbrünstig samt jenem Weibe, und wenn er wieder aufstand, ließ er sich dagegen von denen anbeten, die um ihn standen. Er sagte auch die Zukunft vorher; einigen verkündigte er, daß ihnen Krankheiten, anderen, daß ihnen Verluste bevorständen, Glück dagegen prophezeite er wenigen. Dies alles richtete er durch teuflische Künste und Gott weiß welche Zaubereien aus. Er verführte hierdurch eine ungeheure Menge des Volks, nicht allein ungelehrte Leute, sondern auch Bischöfe der Kirche. Es folgten ihm endlich mehr als dreitausend aus dem Volke nach. Inzwischen fing er aber an, manche zu berauben und auszuplündern, die er auf der Landstraße fand, und schenkte dann den Raub an die, so nichts besaßen. Auch drohte er den Bischöfen und Bürgern, wenn sie ihn nicht verehren wollten, den Tod an. Als er so in das Gebiet der Stadt Velay kam, gelangte er an einen Ort mit Namen Anicium, und bei den Kirchen in der Nachbarschaft blieb er mit seinem ganzen Schwarm stehen und ordnete ihn wie einen Heerhaufen, gleich als ob er den dort wohnenden Bischof Aurelius mit Krieg überziehen wollte. Er schickte auch Boten vor sich her, Leute, die nackend tanzten und sprangen, um seine Ankunft zu melden. Der Bischof hierüber erstaunt, sandte mutige Männer ihm entgegen, die erkunden sollten, wohin es denn mit alledem hinauswolle, das er täte. Und als Einer von diesen, der der angesehenste war, sich vor ihm neigte, gleich als wolle er seine Knie umfassen und ihm den Weg vertreten, befahl er ihn zu ergreifen und auszuziehen. Da aber zog dieser im Nu sein Schwert und hieb ihn in Stücke. So sank jener Christus, den man lieber Antichrist nennen sollte, hin und starb. Es zerstreuten sich aber alle, die bei ihm waren, und jene Maria entdeckte, als sie auf die Folter gebracht wurde, alle seine Betrügereien und Zauberkünste. Dennoch kamen jene Leute, welche er durch höllische List verführt hatte, ihm zu glauben, niemals wieder zur Besinnung, sondern sie verehrten ihn noch ferner als Christus und glaubten, daß jene Maria Teil an seiner Göttlichkeit habe. In ganz Gallien tauchten damals solche Menschen auf, welche durch derartige Zaubereien manche arme Weiblein nach sich zogen, so sie in ihrer Schwärmerei als Heilige priesen, und die sich für etwas Großes unter dem Volke ausgaben. Wir selbst haben viele von ihnen gesehen, die wir zur Rede stellten und aus ihrem Irrtum zu reißen suchten." [Gregor von Tours X, 25] Ein Insektenschwarm als Auslöser der Initiation für falsche Propheten kommt wenigstens noch einmal vor: siehe den Eintrag zum Jahr 1000. "In diesem Jahr im Monat April suchte eine schreckliche Seuche das Volk sowohl im Gebiet von Tours als von Nantes heim. Wenn einer erkrankte, litt er erst eine kurze Zeit an Kopfschmerzen und gab nicht lange danach den Geist auf. Man stellte daher Bettage unter großen Fasten und Kasteiungen an und spendete reichlich an die Armen, und hierdurch wurde der Zorn und Unwille Gottes besänftigt. In der Stadt Limoges wurden viele, weil sie den Tag des Herrn entweiht und öffentlich gearbeitet hatten, an demselben vom Blitzstrahl getroffen. Denn dieser Tag, der im Anbeginn zuerst das erschaffene Licht sah und der vor allem der Zeuge wurde der Auferstehung des Herrn, ist heilig. Deshalb muß er auch mit aller Gewissenhaftigkeit von den Christen gefeiert und keine öffentliche Arbeit an ihm unternommen werden. Auch im Gebiet von Tours wurden einige vom Blitze erschlagen, aber nicht am Sonntag. Es war dazumal eine ungeheure Dürre, so daß das Futtergras durchaus nicht geriet. Daher brach eine schwere Krankheit unter den Schafen und dem Zugvieh aus, und es blieb wenig zur Nachzucht übrig, wie das der Prophet Habakuk vorhergesagt hat: "Die Schafe werden aus der Hürden gerissen und werden keine Rinder in den Ställen sein." Und diese Seuche wütete nicht allein unter den Haustieren, sondern auch unter dem Wilde. Denn in den Waldschluchten fand man an unwegsamen Stellen eine große Menge von Hirschen und anderen Tieren verreckt liegen. Das Heu verdarb durch starke Regengüsse und durch das Austreten der Flüsse, Feldfrüchte gab es sehr wenig, aber die Weinberge boten einen reichen Ertrag. Die Eicheln kamen zwar zum Vorschein, gediehen aber nicht." [Gregor von Tours X, 30]

594
Oder 595: Gregor von Tours verstirbt.

597
Papst Gregor schickt Augustinus, um Britannien zu bekehren. Dieser erreicht die Insel Thanet und predigt vor König Aethelbert von Kent. Dessen Frau Bertha ist Christin. (Es ist in dieser Frühzeit eine gängige Konfiguration, daß die Frauen heidnischer Herrscher bereits christlich sind.) Gründung des Benediktinerklosters Canterbury, der Hauptstadt Aethelberts.

598
"In diesem Jahre verwüstete ein schweres Hagelwetter Massilia und die übrigen Städte der Provinz. In demselben Jahre kochte das heiße Wasser in dem See von Dunum, in den sich die Arula ergießt, so gewaltig auf, daß eine Menge Fische gesotten wurden." [Pseudo-Fredegar 18]

599/600
Isidor wird Bischof von Sevilla.